Der Finanzwesir – Geschichten von 1.001 Euro

Ok, es ist kein Geheimnis, dass der Finanzwesir nicht ganz unschuldig an meinem Blog ist. Ende 2014 war ich so begeistert vom Finanzwesir-Blog, dass in mir sukzessive der Wunsch anwuchs, einen eigenen Blog zu starten. Zu einprägsam waren die amüsanten Artikel des Wesirs und zu nachhaltig die kernigen Aussagen. Ende 2016 hat er nun sein erstes Buch auf den Markt gebracht, das die Themen Geld, Geldanlage und natürlich ETFs von allen Seiten unterhaltsam beleuchtet.

Ein verdienter Platz auf dem Finanzrocker-Altar: „Der Finanzwesir“

Damals konnte ich mir noch gar nicht vorstellen, mal einen sehr gut laufenden Podcast gemeinsam mit Albert Warnecke zu machen. Als wir im November 2015 dann loslegten, waren die Hörerzahlen noch überschaubar. Dort spielten von Anfang an auch Bücher als Medienempfehlung eine große Rolle. Sie dienen dazu, das Gesagte noch einmal zu vertiefen.

Der Finanzwesir rockt

Wer Blog und den Podcast von Finanzwesir und Finanzrocker kennt, der weiß auch, was ihn im Finanzwesir-Buch erwartet. Eigentlich könnte man auch sagen, dass es nicht nur das Buch zum Blog ist, sondern auch das Buch zum Podcast. Vieles entdeckt der Leser wieder und kann sein Wissen vertiefen. Und ich habe zumindest viele Aussagen von Albert zu den unterschiedlichen Themen sehr häufig gehört, da ich jede unserer Podcast-Episoden ja auch schneide und so nicht nur einmal höre. Trotzdem war das Buch nicht zu einer Sekunde langweilig. Der Ton macht die Musik – und der Finanzwesir rockt einfach.

„Oder sie sind beim Friseur. Wer soll Ihnen die Haare schön machen? Die Claudia, die schon seit Jahren im Salon steht, oder die Cheyenne im ersten Lehrjahr? Und Achtung: Wir reden hier von Kopfhaaren, in sechs Wochen ist da alles wieder im Lot!“

Der Finanzwesir sehr einprägsam über das Thema Erfahrung und warum wir so oft auf die Finanzsprüche der erfahrenen Gurus reinfallen. (Seite 19)

Der eine oder die andere wird jetzt vielleicht fragen, warum das so wichtig ist. Ganz einfach: Je einfacher und bildhafter das Thema Finanzen rübergebracht wird, um so leichter verstehen es die Noch-Nicht-Anleger. Es gibt nicht umsonst eine Renaissance der Finanzblogger in Deutschland, die versuchen, in eigenen Worten und mit eigenen Erfahrungen den ganzen Verkäuferquatsch zu übertönen. An vorderster Front mit der Fahne in der Hand: Albert Warnecke.

Fels in der Brandung

Ja, der Finanzwesir ist ein Mann klarer Ansagen, die auch nicht allen gefallen. Die Festgeldplattformen bekommen im Buch ihr Fett weg, die Finanz-Gurus, die aktiven Anleger, aber auch Crowdfunding-Plattformen und Fondsmanager. Nicht alles würde ich komplett so unterschreiben, aber es ist Albert hoch anzurechnen, dass er mit seiner Meinung wie ein Fels in der Brandung verharrt – und so zu einem Anker der (passiven) Anleger wird.

„Es gibt keine europäische Einlagensicherung, sondern eine Einlagensicherung gemäß EU-Richtlinie. Ein kleiner, aber feiner Unterschied….Und wie meine Oma immer zu pflegte: Ein bißchen Schwund ist immer. Nicht jeder Halbsatz, der in Brüssel losgeschickt wird, kommt auch in Sofia an.“

Das hören Weltsparen, Savedo und Co. jetzt nicht so gern. (Seite 341)

Das Finanzwesir-Buch gliedert sich in sechs Teile. In der Einleitung geht es um allgemeine Sachen wie das magische Dreieck der Geldanlage, das Finanzwesir-Manifest und eine allgemeine Einführung. In den anderen fünf Teilen geht es um die 5 Ebenen der Geldanlage in allen Facetten. Von der Anlagepolitik über die passende Asset Allokation und die konkrete Umsetzung der Theorie bis hin zum Kauf und Verkauf an der Börse.

Albert geht dabei vertiefend in die fünf Ebenen rein und hat die Blogartikel noch ordentlich verfeinert, geschliffen und aktualisiert. Selbst Stammleser lernen hier noch neue Facetten kennen. Abgerundet wird es von einem – etwas kurzen – Fazit, welches die Kernaussage des Buches nochmal zusammenfasst. Wichtig ist auch, dass immer wieder auf die hinkenden staatlichen Vehikel hingewiesen wird, die sich viele Menschen immer noch freudig andrehen lassen.

„Besonders bösartige Vertreter der Bastardprodukte sind die politischen Bastardprodukte wie Rürup und Riester. Diese Burschen kombinieren eine durch horrende Gebühren kastrierte Ertragskraft mit einem Stapel Kleingedrucktem“

Auch Riester und Rürup bekommen ihr Fett weg. (Seite 64)

Es gibt eigentlich kein Finanzprodukt, das nicht auf den 440 Seiten behandelt wird. Geld, ETFs, alternative Investments und das Depot sind große Blöcke. So einen Komplettüberblick habe ich bisher noch in keinem Finanzbuch erlebt. Meistens wird dort nur ein Teil in aller Ausführlichkeit vorgestellt. Aber gerade bei den alternativen Investmentmöglichkeiten werden kreuzkonservative Anleger ganz schnell zu renditegeilen Nixblickern.

Denen wird dank der bildhaften Schilderungen vom Finanzwesir auch gleich der Wind aus den Segeln genommen. Leider floriert der Handel mit Containern, Holz, Flugzeugen, Palmöl und anderen Alternativprodukten immer noch so gut, dass verstärkt Werbegelder investiert werden können. Und auf diese fallen viele im Internet oder finanzpornographischen Pamphleten herein. Hier muss dringend Aufklärungsarbeit geleistet werden, was Albert sehr anschaulich im Buch macht.

„Dieses konkrete Mir gehört ein Waldstück in der Schweiz, Mir gehört dieser Container, der jetzt über die Weltmeere schippert spricht viele Anleger mehr an als das abstrakte Konzept eines Fonds oder einer Aktie.“

Ein tatsächliches Problem, das nicht in alle Köpfe reingeht. (Seite 223)

Was hat mir gefallen?

Eine ganze Menge: Die Schreibe, der rote Faden, die Unterhaltung, die Grafiken, die Vielfalt. Fehlen tut da nichts. Ich muss aber auch sagen, dass das Buch im weiteren Verlauf immer besser wird und sich flüssiger liest. Am Anfang stecken sehr viel Stoff und viele Themenwechsel drin, was das Lesen etwas erschwert.

Anfangs hat mich die riesige Schrift im Buch auch etwas abgetörnt. Je weiter man im Buch kommt, um so vorteilhafter erweist sich die Schriftgröße. Denn so steht auf zwei Seiten nicht ganz so viel Input und der Leser kann das Gelesene besser sacken lassen.

Was hat mir nicht gefallen?

Sehr wenig, aber vor allem die hohe Fehleranzahl in der ersten Auflage ist mir stark aufgefallen. Es gibt viele Tippfehler, falsche Trennungen und eine Tabelle, die ziemlich fehlerhaft ist und dadurch auf den ersten Blick schwer verständlich (Seite 54). Aufgrund des Inhalts ist man aber immer wieder geneigt, darüber hinwegzusehen. Trotzdem kann ich es nicht unerwähnt lassen. In der zweiten Auflage wurden diese komplett eliminiert.

Auch die etwas einseitige Betrachtung der aktiven Geldanlage oder der P2P-Kredite sehe ich durchaus anders. Zumal es in der Zwischenzeit auch längst besicherte Kredite gibt, was Albert jedoch verneint. Da „Der Finanzwesir“ eine sehr persönliche Sichtweise hat und das Buch auch noch so heißt, sollte jeder wissen, was ihn erwartet. Im Podcast „Der Finanzwesir rockt“ versuchen wir ja daher beide Sichtweisen vorzustellen.

Was nehme ich mit?

Gut, mir persönlich war das meiste schon bekannt. Trotzdem habe ich mich beim Lesen nie gelangweilt und einige Punkte haben mein Wissen noch vertieft. Aber jemand, der sich noch nie oder nur halbherzig mit seinen Finanzen auseinander gesetzt hat, bekommt ein Kompendium der passiven Geldanlage, das den Start in die Vermögensbildung enorm erleichtert und sich immer wieder zum Nachschlagen eignet. Wer mehr aus seinem Geld, seiner Geldanlage und seinen ETFs machen möchte und gerade erst startet, sollte einen Blick in das Buch werfen.

Bei Amazon schrieb ein Leser etwas von „der bessere Kommer„. Als Finanzrocker würde ich es nicht so bezeichnen, weil „Der Finanzwesir“ einfach viel breiter gefasst ist und wesentlich mehr Themen abdeckt als das Buch von Dr. Gerd Kommer. Und es ist überhaupt nicht wissenschaftlich, sondern schlichtweg feinstes Finanz-Edutainment, das in jedes gut sortierte Buchregal gehört. Punkt!

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4 Antworten

  1. Finde ich gut, dass Du die vielen Tippfehler erwähnst. Das ist etwas, das mich seit langem in der Blogosphäre stört. Ich denke immer, dass ein Schriftstück (egal ob Artikel, Blogpost, Brief, Schriftsatz oder Buch), dass voller Fehler ist, auch nicht richtig durchdacht sein kann. Das ist bestimmt etwas unfair und stimmt auch nicht immer. Ist vielleicht eine Berufskrankheit von mir. Nach meiner Erfahrung werden Schriftstücke meisten erst gut, wenn man sie mehrfach selbst korrekturgelesen hat und am besten noch ein guter Lektor lektoriert hat. Und mit „lektorieren“ meine ich nicht, querlesen und Komma-Fehler korrigieren, sondern das Schriftstück in der Tiefe erfassen und auseinandernehmen. Oft muss man es ein- oder zweimal zerpflücken und wieder zusammensetzen oder ganze Passagen neu schreiben…

    Aber wer hat dazu schon Zeit 😉

  2. Hallo Daniel,
    danke für die Buchbesprechung und die Erhebung auf den Metal-Altar 😉

    @Jojo: Ich habe mein Buch erstens mehrfach selbst durchgelesen und gekürzt und umgestellt und zweitens von einem Lektor bearbeiten lassen und zwar durchaus in dem Sinne wie Du es geschrieben hast.
    Deshalb ist es so ärgerlich, dass sich die Rechtschreibfehler so bemerkbar machen. Was tun? Das ist das Schöne am Self-Publishing; Ich muss nicht auf einen Verlag warten, sondern kann es machen, wie die Kollegen aus der Software-Branche: Ich sammele noch ein wenig und dann gibt es das Bugfix-Release 1.1

    Gruß
    Finanzwesir

    1. Lieber Finanzwesir,

      mein Kommentar bezog sich gar nicht auf Dein Buch. Mir fällt leider erst jetzt auf, dass es etwas unglücklich war, meinem generellen Missfallen unter der Rezension Deines Buches Luft zu machen. Ohne Dein Buch gelesen zu haben, würde ich dazu auch niemals etwas sagen.

      Es wäre schön, wenn man meinen Kommentar als „das musste mal gesagt werden, weiter so!“ in Richtung Finanzrocker verstehen würde. Es passiert mir fast mehrmals täglich, dass ich einen Artikel gar nicht erst lese, weil IM ERSTEN SATZ oder noch besser IN DER ÜBERSCHRIFT bereits Fehler stecken. Da beschleicht sich das Gefühl, dass viel zu viel Content einfach hingerülpst ist, ohne auch nur annähernd durchdacht zu sein.

      Es tut mir aufrichtig leid, dass ich die Diskussion an Deinem Beispiel angefangen habe, weil ich Deine Artikel immer gerne lese und mir bisher noch nicht aufgefallen ist, dass da Fehler drin waren oder dass sie hingerülpst erscheinen. Vielleicht triebt mich mein schlechtes Gewissen ja doch dazu, mir Dein Buch zu kaufen…

      À propos Bugfix-Release 1.1: wenn ich mir das Buch jetzt auf Kindle kaufen würde. Würde die Kindle-Version upgedated? Ich meine jetzt nicht ein Versions-Upgrade dann irgendwann auf die 2. völlig neu überarbeitete Auflage. Aber ein kleines Bugfix-Patch auf 1.1? Geht das?

  3. Sehr faire Rezension. Die kleinen Rechtschreibefehler finde ich gar nicht so schlimm. Irgendwie ist das sympathisch. Mach ich auch immer so in meinen Artikeln. 🙂 Am rande möchte ich mal sagen, dass es echt beeindruckend ist, wie du vom „normalen“ Leser zum erfolgreichen Finanzblogger geworden bist!

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