„Wir müssen Künstliche Intelligenz entmystifizieren“ – Interview mit Zukunftsforscher Kai Gondlach

In dieser Folge habe ich den Zukunftsforscher Kai Gondlach zu Gast. Wir sprechen über seine Arbeit, globale Krisen und das bedingungslose Grundeinkommen. Dann gehen wir ganz besonders auf sein Schwerpunkt-Thema Künstliche Intelligenz (KI) ein. Dabei schauen wir uns vor allem an, wie KI unsere Arbeitswelt in Zukunft beeinflussen wird.

Zukunftsforscher Kai Gondlach Artikelbild

Überblick Interview mit Kai Gondlach

Mit Kai Gondlach habe ich in dieser Folge bereits zum zweiten Mal einen Zukunftsforscher in meinem Podcast zu Gast. Am Anfang des Gesprächs erzählt Kai, wie er zur Zukunftsforschung gekommen ist und wie man sich seinen Arbeitsalltag genau vorstellen kann. Dann werfen wir einen kurzen Blick auf die aktuellen globalen Krisen, bevor wir uns Kais Fokusthema zuwenden: Künstlicher Intelligenz (KI).

Hier sprechen wir konkret darüber, wie sich KI zukünftig auf unsere Arbeitswelt auswirken wird und ob es wirklich stimmt, dass fast die Hälfte aller Tätigkeiten über kurz oder lang wegfallen werden. Dabei schauen wir uns vor allem die Pflegeberufe und die Finanzindustrie genauer an.

Außerdem erzählt Kai etwas mehr über seinen Wissenschaftsband „Arbeitswelt und KI 2030“ und was es mit der „German Angst“ in puncto Weiterentwicklung auf sich hat. Zum Schluss werfen wir noch einen kurzen Blick auf Kais Geldanlage und seine Ziele für die Zukunft.

Shownotes

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Zusammenfassung des Interviews

Über Kai Gondlach

Zukunftsforscher Kai Gondlach BildKai Gondlach ist in der norddeutschen Stadt Itzehoe geboren und aufgewachsen, lebt nun aber bereits seit sieben Jahren in seiner Wahlheimat Leipzig. Er studierte Soziologie und Politik- und Verwaltungswissenschaften in Potsdam und machte dann seinen Master in Zukunftsforschung  an der FU Berlin.

Nach verschiedenen beruflichen Stationen u.a. bei der Deutschen Bahn und als Innovation und Marketing Manager bei einem kleinen Verlags-Startup, arbeitet Kai Gondlach seit über 6 Jahren als freiberuflicher Zukunftsforscher.

Kürzlich veröffentliche er den Wissenschaftsband “Arbeitswelt und KI 2030”. Darin geht es um KI-Forschung, KI-Technologien, maschinelles Lernen (Machine Learning) Seit Oktober 2020 hat Kai außerdem seinen eigenen Podcast namens “Im Hier und Morgen”.

Neben Matthias Horx, Eike Wenzel und anderen gehört er zu den Zukunftsforschern in Deutschland.

Du bist Zukunftsforscher. Was verstehst Du darunter?

  • Ich habe den Masterstudiengang Zukunftsforschung studiert und bin jetzt seit drei Jahren selbstständig unterwegs. Ich verstehe darunter einen Spagat: Das eine ist wissenschaftlich-methodisch bestimmte Dinge zu erfahren und daraus abzuleiten, was in Zukunft passieren könnte.
  • Wir gehen sehr interdisziplinär vor, gucken uns verschiedene Bereiche und wichtige Trends an und beobachte, was daraus abzuleiten ist.
  • Auf der anderen Seite findet die Kommunikation in die breite Masse statt. Das hat dann eher was davon, was man normalerweise Trendforschung nennen würde. Das ist dann etwas oberflächlicher und etwas effekthaschender.

Wie kam es dazu, dass Du ein „Futurist“ geworden bist? Wie hast du ein Interesse für das Thema Zukunft bekommen?

  • Das war schon immer so. Ich bin der Überzeugung, dass Kinder und Jugendliche sich per se viel mit Zukünften beschäftigen, weil viele Themen aufgegleist werden, die viele Jahre darauf prägen werden.
  • Mit unseren Gesellschafts- und Wirtschaftssystemen bringen wir Erwachsene quasi davon ab. Ich habe mir diese Neugier erhalten und bin zufällig auf das Thema Zukunft gestoßen.
  • Ich habe Politik, Soziologie und Verwaltungswissenschaften im Bachelor studiert, das war aber eher rückwärtsgewandt und historisch. Mir hat aber immer diese Zukunftsperspektive gefehlt. 
  • Zukunftsforschung hat einen Gestaltungsanspruch, weil es natürlich nicht darum geht, die Zukunft vorherzusagen, sondern vielmehr mögliche Gestaltungsoptionen in Zukünften zu eruieren und was man davon gestalten möchte und was vielleicht auch eher nicht.

Wie kann ich mir deinen Berufsalltag vorstellen?

  • Einen Alltag gibt es nicht, jeder Tag ist anders. Natürlich gibt es auch mal längere Forschungsprozesse, wo man dann über einige Wochen oder Monate Desk Research macht. Sehr viel lesen aus allen Medien ist eine Kerntätigkeit. Mein Sachbuchregal platzt aus allen Nähten. Der allerwichtigste Skill für Zukunftsforschende ist es, schnell Essenzen zu erkennen.
  • Das andere ist es, während der Recherche bei großen Themen zwischendurch immer mal wieder rauszuzoomen und ein Muster zu erkennen. Ein klassischer Fall sind kleinere oder größere Krisen oder Lieferengpässe. Als der Tanker im Suezkanal feststeckte, war klar, dass das natürlich Auswirkungen auf globale Lieferketten hat. Man schaut sich auch Start-ups an, wo Venture Capital hinfließt usw. und daraus versucht man dann die Essenz rauszuziehen und zu kommunizieren.

Gerade gibt es viele Themen, mit denen du dich beschäftigen kannst. Es gibt die Corona-Pandemie, eine hohe Inflationsrate, die Lieferketten haben sich nach wie vor nicht mehr erholt, jetzt gibt es den Angriffskrieg in der Ukraine. An Themen mangelt es dir nicht, oder?

  • An Themen hat es mir auch schon vorher nicht gemangelt. Es gibt große Megatrends, die sich über mehrere Jahrzehnte erst langsam entwickeln.
  • Dann gibt es auch sogenannte „Wild Cards“ wie Pandemie, Krieg, Wetterextreme und politische Umwürfe. Das sind alles Dinge, die gegen eine große Erwartung von Menschen und Organisationen sprechen und da muss man gucken, welche Auswirkungen das hat. 
  • Die Kunst ist eigentlich, das vorher schon getan zu haben. Brexit, Trump oder Pandemien sind ja alles keine Dinge, mit denen überhaupt niemand gerechnet hat, sondern es hat eine gewisse Wahrscheinlichkeit, das solche Dinge passieren. Solche Sachen musst du vorher schon einmal durchgespielt haben, man denkt als Zukunftsforscher immer in Szenarien.
  • Solche Krisen wie derzeit sind natürlich für uns gefundenes Fressen, auch wenn es unethisch klingt. Wir haben wahnsinnig viel zu tun, in einer sehr unsicheren Zeit zu schauen, was die Gestaltungs- und militärischen Optionen sind.
  • Wir schauen uns an, was das für eine Bedeutung für die Ressourcen und den Welthunger hat. Wir werden in den nächsten Jahren ausgelöst durch den Ukraine-Krieg ein riesiges Problem im Welthunger sehen. Russland und Ukraine als riesige Weizenlieferanten werden zu einer riesigen Fluchtbewegung führen.

Dein Schwerpunktthema ist die Künstliche Intelligenz. Wie wichtig ist sie für die Zukunft?

  • Ich würde sagen sie ist sehr wichtig in allen Dimensionen. Der Begriff „Künstliche Intelligenz“ ist ja wahnsinnig alt. Schon in der Antike gab es die ersten Visionen, dass quasi Roboter eines Tages Arbeit verrichten könnten.
  • Gerade im Mittelalter gab es die ersten Ansätze, Maschinen auf die Straße zu bringen. Die wichtigsten Buzzwords, die man mal in den Raum werfen muss, sind Machine und Deep Learning, künstliche neuronale Netze, Sensorik, Robotik…
  • Das Lustige ist, dass der Begriff schon in den 50er Jahren auftauchte. Wenn wir mal genau hinschauen, hat das relativ wenig Aussagekraft darüber, was es eigentlich ist. Die Dinger sind auf jeden Fall künstlich, weil sie auf Maschinen basieren, aber trainiert durch Menschen und das menschliche Gehirn. Und das, was wir allgemein als Intelligenz definieren würden, ist es auch nicht.
  • Smartphones, Navigationsinstrumente, Google – überall dahinter liegt KI. Wir müssen das entmystifizieren. Das ist kein Roboter. Da lässt man sich von Prophezeiungen aus dem Silicon Valley auch oft auf die falsche Fährte locken.

Dein Motto lautet ja: Zukunft ist eine Frage der Perspektiven. 2013 gab es die berühmte Oxford-Studie, die davon ausging, dass fast die Hälfte aller ausgeführten Tätigkeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit bis 2033 gefährdet seinen, u.a. auch durch künstliche Intelligenz. Wird das immer noch so pessimistisch gesehen?

  • Da muss man erstmal erklären, was mit Tätigkeiten gemeint ist. Oft wird nämlich falsch verstanden, dass Jobs dadurch wegfallen. Das stimmt natürlich nicht. Es geht tatsächlich um Tätigkeiten wie standardisierten Jobs.
  • Nehmen wir als Beispiel einen LKW-Fahrer, dessen Job es ist, ein Fahrzeug von A nach B zu bringen. Da geht man in der Studie natürlich davon aus, dass durch autonomes Fahren viele Tätigkeiten in dem Bereich automatisierter sind. Das kann jeder nachvollziehen, dass das auch für Unternehmen ökonomisch sinnvoll ist.
  • Das heißt aber noch lange nicht, dass das Beladen und Verladen von Trucks auch automatisierbar ist. Vielleicht braucht man jemanden vor Ort im Falle einer Störung oder zur Kommunikation mit dem Endkunden.
  • In Deutschland haben wir eine soziale Marktwirtschaft und somit eine ganz andere Ausgangssituation als bspw. in den USA. Wir haben hier Mitbestimmungsrecht und Gewerkschaften, so dass solche Themen erstmal diskutiert werden müssen. Und der mögliche Automatisierungsgrad ist hier einfach ein anderer. Wir haben eine diversere Beschäftigung, weil viele Gewerke über Jahrhunderte gewachsen sind.
  • Ein paar Jahre nach der Studie gab es eine Auftragsstudie vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die diese Grundannahmen nochmal für den deutschen Arbeitsmarkt durchgerechnet haben. Die kamen schon mal zu sehr viel nüchterneren Ergebnissen.
  • Wir sprechen hier je nach Branche von einem Automatisierungsgrad von 10 bis 30 Prozent. Was ich auch immer betone, ist, dass durch den steigenden Grad an Automatisierung der Stellenwert zwischenmenschlicher Beziehungen wieder zunimmt.
  • Alle Jobs, die irgendwie im Bildungsbereich oder an der Schnittstelle zwischen Menschen sind, werden sehr viel mehr nachgefragt. Das ist eigentlich eine gute Botschaft.

Was passiert denn mit den Leuten, die dann überflüssig sind? Müssen die dann alle umschulen, oder kommt das bedingungslose Grundeinkommen?

  • In Deutschland gibt es wahnsinnig viele tolle Initiativen und vom Bund geförderte Kompetenzzentren, wo verschiedene Organisationen zusammenkommen und genau dieses Weiterbildungsthemen vorbereiten.
  • Im Rheinland bspw. gibt es viele Jobs, die noch an der Kohleindustrie hängen und wir wissen alle, dass das nicht mehr lange so sein wird. Das Rheinland hat aber auch eine lange Tradition im Textilgewerbe und da gibt es eine ganze Reihe neuer Jobs, die entstehen, weil viel sogenannte „Re-Regionalisierung“ stattfindet und die Betriebe wachsen.
  • Und das wird nun gefördert und die Weiterbildungsangebote jetzt angestoßen. Man fängt jetzt an, das auf die Laufzeit von 5 bis 20 Jahren vorzubereiten. Das ist eine ganz wichtige Perspektive! 
  • Zum Thema bedingungsloses Grundeinkommen: Ich glaube, das ist gesetzt. In europäischen Ländern ist das im Prinzip schon durchdiskutiert. Wie genau das dann aussieht und wann, das muss man dann sehen.
  • Wenn man es genau nimmt, dann haben wir es in Deutschland schon mit der Mischung aus ALG und Hartz IV. Das System dafür ist vorhanden und wenn wir es jetzt noch schaffen, das Ganze noch etwas menschenwürdiger zu gestalten und die Verwaltung zu straffen, dann ist das quasi bedingungsloses Grundeinkommen.

Das Thema Pflegefachkräfte-Mangel ist akut. Man muss den Job aber auch attraktiver machen, denn es gibt ja nur wenige Pflegekräfte, die sich um ganz viele kümmern müssen. Und dann wird es auch noch sehr schlecht bezahlt…

  • Ich wundere mich, warum es da noch so wenig innovative Geschäftsmodelle gibt. Es kann ja wohl nicht so schwer sein, eine so zentrale Dienstleistung irgendwie mit einem vernünftigen Geschäftsmodell zu unterfüttern.
  • Es gibt so geile Ideen für soziale und nachhaltige Start-ups, wo man mit neuen Ansätzen rangeht. Aber in dem Bereich sehe ich nicht viel. Der ganze Bereich MedTech in der ganzen Pflegebranche ist auch maximal unterbeleuchtet.

Um das Thema mal mit KI zu verknüpfen: In Japan ist die Gesellschaft ja noch viel älter und da gibt es erste Ansätze von Pflegerobotern. Wie bewertest du sowas?

  • Kommt drauf an. Es gibt auch in Deutschland auch schon erste Ansätze, wo man z.B. mit der Pflegerobbe ganz tolle Erfahrungen gemacht hat.
  • Das ist quasi ein kleines Kuscheltier und hat ein ganz kleines bisschen KI eingebaut, so dass sie auf Streicheleinheiten oder Stimme reagiert. Und das hat insbesondere im Zusammenspiel mit demenzerkrankten Menschen wahnsinnige Erfolge gebracht!
  • Das andere sind große Pflegeroboter, die darauf ausgerichtet sind, Menschen zu heben, weil Pflegefachkräfte sowohl physisch als auch psychisch einer hohen Belastung ausgesetzt sind. Eines der großen Themen sind Menschen, die sich nicht mehr von selbst bewegen können.
  • Auch beim Waschen: Das machen dann bis zu drei Pflegefachkräfte – das ist nicht nur anstrengend, sondern auch nicht besonders angenehm. Da können tatsächlich Roboter auch unterstützen, diese Lasten zu heben.
  • Das Ganze natürlich nicht mit einem metallischen Industrieroboter-Arm. Es gibt auch Überlegungen für eine Art Waschstraßen, wo man mit dem Rolli durchfahren kann und das ganze sehr angenehm ist mit warmem Wasser und Licht. Das spart den Pflegefachkräften Zeit, die sie dann wiederum haben, um mit den Patienten zu sprechen oder eine Massage zu machen.

Du bist Herausgeber des Wissenschaftsbandes „Arbeitswelt und KI 2030“: Künstliche Intelligenz in der Wirtschaft & Verwaltung.“ Darin gibt es 41 Beiträge von 78 Expert:innen zu lesen.  Da werden Themen wie rechtliche Aspekte und German Angst angesprochen. War das die Kernintention hinter dem Buch, das man sich mit diesen Fragen beschäftigt?

  • Meine persönliche auf jeden Fall. Meine Mitherausgeberin ist Anwältin und besonders auf Arbeitsrecht spezialisiert und in den letzten Jahren haben ihre Klienten immer häufiger Fragen zu diesen Themen gestellt.
  • Bis dato gab es nicht einen einzigen vergleichenden, objektiven Band aus verschiedenen Industrien, wo mal jemand nebeneinander gelegt hat, wie der Status quo von Umsetzung in Unternehmen und Behörden ist – was aktuell geht und was in den nächsten Jahren erwartet wird.
  • Hier geht es beispielsweise um die Unterschiede zwischen starker KI und schwacher KI, Artificial Intelligence, Industrie 4.0 im produzierenden Gewerbe oder KI-Systemen in Unternehmen. Es geht nicht um die selbstfahrenden Autos, Science Fiction oder menschliche Intelligenz.
  • Die Intention war es, mit Mythen aufzuräumen, aufzuklären und sehr konkrete Beispiele aus unterschiedlichsten Branchen zu liefern. Und es gibt konkrete Handlungsempfehlungen, was jetzt zu tun ist. Die Idee war zu helfen und das Thema aus einer etwas nüchterneren Sicht zu beleuchten.

Der erste Teil des Buches beschäftigt sich mit den gesellschaftlichen und ethischen Aspekte von KI in der Arbeitswelt. Gerade in Deutschland habe ich das Gefühl, dass da immer eine Angst vor Weiterentwicklung herrscht. Ist das wirklich so?

  • Das kommt drauf an. Das Lustige ist, dass im privaten eigentlich alle dran gewöhnt sind, Veränderungssituationen durchzumachen. Jedes biologische und soziale System ist immer dem Wandel unterworfen. 
  • Aber natürlich tun wir uns manchmal schwer damit, Veränderungssituationen gut zu finden. Vor allem dann, wenn wir uns gegen unseren Willen selbst verändern müssen.
  • Im Arbeitskontext bedeutet das z.B. Weiterbildungen zu machen. So hart es klingt: Wer das nicht will, hat eh schon verloren. Wer im 21. Jahrhundert nicht bereit ist, umzudenken und sich an neue Strukturen zu gewöhnen, ja sorry…
  • Gerade in puncto German Angst bzgl. Digitalisierung haben wir es auch mit vielen Missverständnissen zu tun. Bisher haben die Studien nie die Angestellten und Beschäftigten gefragt, wie sie zu Automatisierung stehen.
  • Macht man das, dann fangen sie nämlich an zu erklären, dass sie es total gut fänden, wenn an der ein oder anderen Stelle repetitive Aufgaben abgenommen werden würden, damit sie sich mehr auf andere Tätigkeiten konzentrieren können. Die Mitarbeiten haben keine Angst vor KI, sondern nur davor, dass man sie rausschmeißt.
  • Wir müssen mehr darüber sprechen, wie wir Arbeitsprozesse innovativ gestalten können mit Hilfe von KI und das trotzdem mit dem Mensch im Zentrum.

Wie bewertest du das Thema KI in der Bank und im Finanzbereich? Da ist ja in den letzten Jahren viel passiert, z.B. im Bezug auf Kryptowährungen.

  • Zweischneidig. Sicherlich werden Krypotwährungen irgendwie ihre Daseinsberechtigung behalten und natürlich hat das irgendeine Auswirkung auf den Zahlungsverkehr. 
  • Interessanter im Umfeld von KI ist das Thema Betrugsprävention. Das ist auch bei den Banken, aber eher beim Gesetzgeber und den Strafvollzugsbehörden verankert. Die rüsten gerade massiv auf, was den Einsatz von KI angeht, um Fishing, Spam, Scam sowohl im White Web als auch im Dark Net angeht. 
  • Gleichzeitig muss man auch den Gesetzgebern auf die Finger gucken, was mit diesen Daten sonst passiert. Denn mit riesigen Datenkraken ist potenziell auch viel mehr drin, als das, was eine Polizeibehörde macht.
  • Wenn wir mal die Schufa weiterdenken, sind wir ganz schnell auch bei Social Scoring Systems, wie das in China der Fall ist. Wo Daten genutzt werden, um das Verhalten zu beeinflussen und Rückschlüsse zu ziehen. Da müssen wir wirklich sehr genau hinschauen.
  • Aber insgesamt glaube ich schon, dass Finanzinstitutionen, wenn sie für solche Themen offen sind, stark davon profitieren können. Man kann bessere Services bieten, besser vernetzt agieren und bessere Funktionen in Apps freischalten.
  • Und natürlich kann ich viel schneller auf volatile Zins- und Aktienmärkte reagieren – denn KI denkt nicht nach, die macht genau, was sie soll. Die Schnelllebigkeit im Finanzsystem wäre ohne KI gar nicht stemmbar.

Wie beurteilst Du persönlich die sozialen Netzwerke und deren Marktmacht?

  • Ich nenne die sozialen Medien eigentlich immer asoziale Medien. Das sagt schon viel über meine Haltung darüber. Natürlich bin ich auf den großen sozialen Medien auch mehr oder weniger selbst aktiv. Aber was da in den Kommentarspalten abgeht, das finde ich schon echt krass. Und aus verbaler Gewalt folgt eben auch oft reale Gewalt. Das ist echt ein Problem und da sehe ich auch ganz klar die Strafverfolgungsbehörden in der Verantwortung, besser dagegen vorzugehen.
  • Leider ist das nach wie vor ein schwach regulierter und extrem monopolistischer Markt – da hat auch einfach die Gesetzgebung gepennt.

Wie legst Du Dein Geld an?

  • Tatsächlich bin ich normalerweise nicht so der Sicherheitstyp. Ich habe aber meinen ersten privaten Rentenvertrag mit 23 abgeschlossen.
  • In den letzten Jahren habe ich mir auch ein relativ breites Portfolio aufgebaut, wo ich einzelne Aktien halte. Ich habe für mich die Ansage, da nur Spielgeld von meinem privaten Konto reinzulegen. Ich bin auch so ein wertegeleiteter Typ und setze zunehmend auf nachhaltige Aktien oder ETFS. 
  • Das ganze bricht einem natürlich das Genick, wenn man in Krypto investieren möchte. Wir wissen alle, wie umweltschädlich Bitcoin und Co. sind.
  • Es gibt aber auch neuere und ein bisschen smartere Technologien im Blockchain-Umfeld. Das finde ich auch so viel spannender, weil die Use Cases auch so viel praktischer für Industrien und Entwicklungshilfe sind.

Welche Ziele hast du Dir für die kommenden Jahre gesetzt?

  • Ich habe einen 20-Jahres-Plan – wäre ja auch irgendwie komisch, wenn nicht. Typisch Zukunftsforscher ist das aber ein sehr agiler Plan. Es gibt verschiedene Roadmaps, die dahin führen sollen.
  • Ich werde nächstes Jahr mein erstes eigenes Buch veröffentlichen, das ist schon in der Mache und wird eher ein Publikumsbuch sein.
  • Und ich möchte wirksamere Zukunftsforschung betreiben. Also mit Partnern Themen entwickeln und daraus Handlungsempfehlungen ableiten, die für viele Adressaten interessant sind. Ich möchte auch die Zukünftebildung vorantreiben.

Wordshuffle

Norddeutschland: Heimat. Ich bin in einem Vorort von Itzehoe groß geworden.

Podcast: Leidenschaft, aber viel Aufwand. Ich mache meinen eigenen Podcast seit Oktober 2020, das war ein typisches Corona-Baby.

Unsicherheit: Wichtig und eigentlich auch schön. Ich mag Überraschungen und Spannungsverhältnisse von Entwicklungen.

Rockmusik: Wichtig! Ich spiele selbst Gitarre und die größten Bands auf meiner Musikliste sind definitiv Rock.

Pragmatismus: Überbewertet. Zumindest in Deutschland haben wir zu viel Pragmatismus und zu wenig Kreativität.

Leipzig: Wahlheimat. Leipzig ist eine sehr spannende Stadt. Ich sage immer es ist die „Insel der Glückseligen“ in einem Bundesland, das sonst politisch sehr schwierig zu händeln ist. Leipzig ist eine weltoffene Stadt, in der viel Gutes passiert und viel Gründung.

Glück: Das Streben nach Glück ist eigentlich eine der essentiellen Aufgaben der Menschheit. Das Glück liegt im Prozess, nicht im Ziel.

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4 Antworten

  1. Wahnsinn, was für „Bullshit-Jobs“ es auf dieser Welt gibt!
    Morddrohungen im Internet verfolgen, wie kann man nur auf so eine absurde Idee kommen?
    Die staatlichen Institutionen kommen kaum mit den „freisprechen“ von (realen) Massenvergewaltigern nach wenn sie doch fälschlicher Weise von der Polizei ermittelt werden.

  2. Es tut mir gut, wenn mal was anderes als nur Finanzthemen kommen, da ich mich ohnehin schon viel zu sehr darauf fokussiere. Freiwillig suche ich gar nicht mehr was anderes (außer Sportthemen). Da hilft es, wenn der Podcast, den ich sowieso im Abo habe, mich quasi zwingt.
    Die Aussagen des Gastes fand ich dann aber nicht so inspirierend. In ähnlicher Form habe ich das schon Ende der 70er, Anfang der 80er gehört: Fortschritt wird Arbeitsplätze freisetzen, da müssen wir über Ersatzbeschäftigung nachdenken; Veränderungen sind für die Menschen zunächst schwer, keine produktive Arbeit, aber trotzdem Geld. So neu sind die Gedanken nicht, halt nur verbunden mit leicht anderen Schlagworten. Mich hätte mehr und greifbarer die Herangehensweise dieser Fachrichtung interessiert. Mich hätte auch mehr die persönliche Entwicklung des Gastes interessiert, insbes. um seine Faszination an der Fachrichtung zu verstehen. Schlußendlich hätten mich greifbare Ergebnisse von Zukunftsforschung interessiert, um den Nutzen besser sehen zu können. Für mich als Selbständigen und Familienvater ist es ja ohnehin selbstverständlich an die Zukunft zu denken mit dem Versuch, diese zu planen und Risiken zu handhaben. Zwangsläufig denke ich damit auch über gesellschaftliche und technische Entwicklungen nach, die meine Familie beeinflussen könnten. Wenn das auch Wissenschaftler tun, welche Ansätze haben die? Am besten so erklärt, dass ich das auch meinen Kinder verständlich erklären kann, zumindest ein erster Brocken davon.

    1. Ich versuche ein breites Themenspektrum abzudecken, um nicht immer die gleichen Interviews führen zu müssen.

      Bei diesem Interview wollte ich mehrere Aspekte abdecken und der Punkt KI sollte im Mittelpunkt stehen. Denn der Wissenschaftsband kommt ja aus der Praxis. Da gibt es einige Leute von großen Unternehmen, die schildern wie sie KI in ihrem Bereich schon einsetzen. Das konnte ich natürlich jetzt nicht alles im Detail durchkauen, sondern nur einen Überblick geben.

      Letztendlich versuche ich mit den Interviews einen breiten Überblick zu geben und nicht nur einen Aspekt zu behandeln. Natürlich sind dann immer Folgen dabei, die für den einen oder die andere nicht so spannend sind, aber das liegt in der Natur der Sache. Vielen Dank aber für Dein Feedback! Das ist immer wichtig.

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