„Anleger machen häufig die gleichen Fehler“ – Interview mit Dr. Christine Laudenbach vom ARERO-Team

Das Risikoverhalten der deutschen Anleger hat sich über die Jahre nicht wirklich geändert. Häufig machen sie immer noch die gleichen Fehler. Über die Behavioral Finance spreche ich in meiner neuen Folge mit Dr. Christine Laudenbach. Sie analysiert an der Universität Frankfurt das Risikoverhalten und gehört zum Gründungsteam des ARERO. Mit dem Weltfonds ARERO lassen sich viele der typischen Fehler ausschalten. Darüber und über viel mehr sprechen wir im Interview.

ARERO Christine Laudenbach Artikelbild

Überblick ARERO

Christine Laudenbach fing parallel zu Ihrer Ausbildung in einer Bank ein nebenberufliches Studium an. Am Thema Wirtschaft hatte sie relativ schnell Interesse und arbeitete ab 2007 als wissenschaftliche Assistentin an der Universität Mannheim. Seitdem forscht sie über das Risikoverhalten der deutschen Anleger. In diesem Zusammenhang wurde auch der ARERO gegründet.

Im Interview sprechen wir 60 Minuten über das Risikoverhalten an den Börsen, Unterschiede zwischen Frauen und Männern, die steigende Wissenschaftlichkeit der Geldanlage, den Weltfonds ARERO und einiges mehr.

Eine ausführliche Zusammenfassung des Interviews findest Du weiter unten.

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ARERO
Dr. Christine Laudenbach vom ARERO-Team

Zusammenfassung Interview

Über Christine

  • Christine ist Mitglied im Gründungsteam des ARERO und Assistenzprofessorin an der Universität Frankfurt, wo sie zum Thema Finanzentscheidungen von Privathaushalten forscht.

Nach Deiner Ausbildung als Bankkauffrau bei der Deutschen Bank hast Du parallel Dein BWL-Studium an der Frankfurt School of Finance begonnen. Was hat Dir den Antrieb gegeben, das parallel zu absolvieren?

  • Das war eigentlich gar nicht so geplant. Es war auch nicht einfach, beides parallel zu absolvieren.

Im Anschluss an Dein Studium warst Du an der Universität Mannheim 5 Jahre tätig und hast 2012 Deinen Doktortitel mit Summa cum Laude erworben. Worum ging es in der Arbeit?

  • Da habe ich mich mit dem Risikoverhalten von Privatanlegern beschäftigt. Das war sehr spannend. Sich anzuschauen, was die Leute verstehen und was da überhaupt für ein Grundwissen vorhanden ist, war schon sehr interessant.
  • Die meisten Regulierungsänderungen basieren auf der Volatilität und viele Anleger wissen gar nicht, was das ist. Es ist gut zu wissen, wenn man Risikoindikatoren entwickelt, welche Risikokennzahlen sich Investoren anschauen und was für sie wichtig ist.

Was sind denn die häufigsten Fehler, die Anleger machen?

  • Einer der häufigsten Fehler ist der Home Bias, also dass die Anleger in Aktien ihres jeweiligen Heimatlandes investieren. Wenn man nach der Marktkapitalisierung der Welt gewichten würde, sollte man unter 3% an deutschen Aktien in seinem Portfolio halten.
  • „Hin und her macht Taschen leer“ – zuviel handeln ist ein Fehler.
  • Die Gebühren werden oft komplett unterschätzt, das betrifft auch Fondsgebühren.
  • Viele nehmen überhaupt nicht am Aktienmarkt teil, das ist auch ein Fehler!

Siehst du beim Risikoverhalten Unterschiede zwischen Männern und Frauen?

  • Ja, ganz klar. Frauen sind deutlich risikoaverser.
  • Neuere Studien zeigen, dass Frauen auch deswegen ein geringeres Finanzwissen haben, weil sie sich weniger zutrauen und es dann ein viel größerer Schritt ist, z.B. ein Portfolio zu eröffnen.
  • Ich finde es super, wenn Frauen sich wie bei Madame Moneypenny in geschlossenen Gruppen und geschütztem Raum austauschen.

Was hältst du generell von Finanzblogs, -Podcasts und dergleichen?

  • Für mich ist das aus Forschungsgründen sehr spannend, weil man viele Dinge nach einer gewissen Zeit gar nicht mehr wahrnimmt wenn man sich täglich damit beschäftigt. Es ist immer schön, wenn Leute ein Forum finden, wo sie sich austauschen können.

Welchen Einfluss haben Broschüren und Börsenmagazine auf das Anlegerverhalten?

  • Solche Magazine sind spannend und haben eine gewisse Bildungsfunktion, aber häufig wird suggeriert, dass der Leser einen Informationsvorsprung dadurch hätte, woran ich nicht glaube.
  • Börsenbriefe oder Berater – da hängt es stark von der Glaubwürdigkeit der Person ab, die das anbietet.
  • Manche Sachen sind sehr gefährlich, vor allem für Leute, die nicht soviel Finanzwissen haben.

Lässt sich der Markt regelmäßig schlagen oder ist das ein Irrglaube der Anleger?

  • Die wissenschaftliche Lehrmeinung dazu ist, dass die an den Börsen beobachtbaren Preise die verfügbaren Informationen ganz gut reflektieren. Das heißt aber auch, dass das Morgen nicht vorhersehbar und der Markt nicht regelmäßig zu schlagen ist.

Was ist der ARERO?

Während Deiner Zeit in Mannheim im Team von Professor Weber hast Du den ARERO mitgegründet. Das ARERO Konzept beherzigt die von Dir eben genannten Verhaltensweisen der Anleger á la „Man kann nicht erwarten den Markt zu schlagen“. Kannst Du das ARERO-Konzept kurz vorstellen?

  • A-RE-RO ist ein Fonds mit Aktien – Renten – Rohstoffen, die Anfangsbuchstaben bilden den Namen. Ursprünglich war die Idee nicht, einen Fonds zu gründen. Professor Weber hat ein Buch geschrieben, um dem Ottonormalverbraucher die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den häufigsten Anlegerfehlern näherzubringen. Daraufhin kamen viele Fragen nach der richtigen Anlagestrategie auf und Professor Weber hat dann ein Forschungsteam um sich geschart, um zu überlegen, wie er selbst anlegen würde. So ist die Idee zu dem Fonds entstanden.
  • Der Kerngedanke ist ein Weltportfolio mit drei Komponenten, niedrigen Kosten und konsequentem regelmäßigen Adjustieren. Mit dem Weltfonds ARERO lässt man die Märkte für sich arbeiten, das ist die Philosophie dahinter.

Wo liegen die Unterschiede zu einem Robo-Advisor?

  • Robo-Advisor als automatisierte Vermögensverwaltung haben zusätzlich zur Vermögensanlage noch eine Risikoeinstellung in irgendeiner Form.
  • Die Kernidee von ARERO basiert auf der Kapitalmarktlinie. Wir verstehen ARERO als eine Art Marktportfolio, was natürlich nur näherungsweise der Fall ist. Um dem Anleger zu helfen, die richtige Balance zwischen risikofreiem und riskantem Anlageanteil zu finden, haben wir ein Tool entwickelt, das man auf unserer Website finden kann. Da wird mit Hilfe von Simulationen ein Gefühl für die Volatilität vermittelt, aber es ist natürlich keine Anlageberatung.
  • Unsere Idee war es, für den Anleger einen Weltfonds als eine Art Basisanlage zu entwickeln.

Welche Indizes/Länder sind im ARERO enthalten?

  • In der Aktienkomponente, die 60% des Fondsvolumens umfasst, sind vier Regionen enthalten: Nordamerika, Europa, Pazifik und Schwellenländer, das sind grob 2.800 Aktien und vierzig Länder.
  • Die relativ hohe Rohstoffkomponente von 15% ist deswegen enthalten, weil wir einen Wert haben wollten, der gut zu Aktien diversifiziert. Die wissenschaftliche Arbeit zeigt, dass sich eine Mischung aus Aktien, Renten und Rohstoffen mit einem relativ starken Aktienanteil historisch als hilfreich erwiesen hat.
  • Bei Immobilien ist es ja so, dass man da wieder in Fonds investieren müsste. Wir haben damals für uns entschieden, dass das Zufügen von Immobilien keinen entscheidenden Mehrwert bietet.

Wie könnt ihr die vergleichsweise günstige Kostenpauschale in Höhe von 0,5 % halten?

  • Im Endeffekt braucht man ja nicht viel, wenn man keine große Vertriebsmannschaft hat. Der ARERO war eher ein Forschungsprojekt, von dem wir nicht erwartet haben, dass es so erfolgreich wird.

Habt ihr gemerkt, dass die Konkurrenz auf dem Markt größer wird?

  • Es gibt viele neue Produkte, die in eine ähnliche Richtung denken, aber das ist an sich ja kein Nachteil. Es ist für uns positiv, wenn der passive Gedanke und der Diversifikaktionsgedanke herausstechen, weil es die generelle Aufmerksamkeit auf diese Art von Produkten lenkt.
  • Wir könnten inzwischen auch ein bisschen mehr Werbung machen, aber das ist grundsätzlich sehr teuer und die Frage ist ja auch, wen man damit erreichen will. Die Leute, die sich für passive Anlageformen interessieren, die finden uns relativ schnell. Wir waren eigentlich in allen großen deutschen Tageszeitungen, aber sowas kann man nicht kaufen, das war einfach Glück.
  • Wir machen Bildungsveranstaltungen, das ist für uns spannender als Werbung.

Seit dem 01.01.2018 habt ihr im Rahmen der Investmentsteuerreform das Konzept geändert. Statt SWAP-basierter Abbildung der Aktien setzt ihr nun auf die physische Abbildung. Warum dieser Schritt?

  • Grundsätzlich überlegen wir jedes Jahr wieder, ob es neue Erkenntnisse gibt, die das Konzept verbessern können. Es war vielfacher Kundenwunsch, eine Direktinvestition zu haben. Das Volumen von ARERO ist mittlerweile deutlich gestiegen, was die Direktinvestition günstiger macht, und es hat sich auch technisch viel getan. Die steuerliche Behandlung war auch ein Grund.

Warum habt ihr die Anzahl der Rebalancing-Termine von eins auf zwei verdoppelt?

  • Inzwischen ist das Rebalancing viel einfacher geworden. Und wenn man das zweimal im Jahr macht, kann man die Gewichtung besser halten.

Aus meiner Sicht ein Nachteil ist die Tatsache, dass ich an den Gewichtungen nichts ändern kann und mir nicht selbst ein Portfolio zusammenstellen kann. Wie wichtig ist es aus wissenschaftlicher Sicht, sich selbstständig ein Portfolio zusammenzustellen?

  • Wir haben schon mal darüber nachgedacht, ob wir einen ARERO A/B/C haben könnten. Wir haben auch unsere Newsletter-Abonnenten gefragt, was sie sich wünschen würden, aber dafür hätten wir 200 verschiedene Produkte gebraucht.
  • Unsere Idee ist, mit dem ARERO ein Basisinvestment zu haben. Es ist ja auch nicht schwierig, da etwas hinzuzufügen. Man kann auch den ARERO als diversifizierten Portfolioteil betrachten und zusätzlich Aktien handeln. Wenn man der Meinung ist, dass eine bestimmte Region unterrepräsentiert ist, kann man einen ETF dieser Region kaufen, etc.

Welchen Ausschlag gibt denn die Vermarktung des AREROs als wissenschaftlich fundiertes Index-Produkt für das Kaufverhalten der Anleger? Glauben die Anleger so einem Konzept mehr?

  • Ich glaube, dass das mit Sicherheit kein Nachteil ist.
  • Generell ist es in letzter Zeit ein Trend, dass wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis getragen werden, nicht nur in der Finanzbranche.

Wie legst Du selbst an? Kannst Du die Fallstricke im Anlegerverhalten umgehen?

  • Ich bin nicht frei von Anlegerfehlern. Es juckt mich hin und wieder in den Fingern und ich habe auch schon die ein oder andere Einzelaktie gekauft, aber ich bin mir wenigstens dessen bewusst. Ich erwarte nicht, den Markt zu schlagen.
  • Ich lege auch selber in ARERO an.

Wordshuffle:

Mannheim – Auf den ersten Blick nicht die schönste Stadt. Aber wenn man ein paar Jahre dort ist, schließ man es doch sehr ins Herz.

Crash – Nichts, wovor ich Angst habe. Der nächste Crash wird kommen, aber man kann es in der Regel aussitzen. Die Zeit heilt alle Wunden!

Immobilien – Ich wohne seit etwa einem Jahr in einem selbstgebauten Haus, und es ist wunderschön.

Rockmusik – Ich habe hier zuhause einen ganz großen passiven Anteil daran!

Lieblingsfinanzbuch „Genial einfach investieren“ natürlich!

Chile – Ein sehr schönes Land. Ich habe ein Auslandssemester dort absolviert.

Kryptowährung – Das ist gar nicht mein Thema.

Glück – Glück kann man zum Glück nicht kaufen, was ganz gut ist. Der eine Teil des Glücks ist Schicksal, da kann ich mich sehr glücklich schätzen. Der zweite Teil ist, wie glücklich man selbst ist – diesen Teil kann man sehr stark selbst beeinflussen und ich versuche das zu tun!

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2 Antworten

  1. Lieber Daniel, liebe Christine, dieses Interview ist ein echtes Highlight unter den Finanzrocker-Podcast-Episoden! Habe Euch heute auf dem (Fuß)weg zur Arbeit gehört und sehr viel gelernt!
    Ich gehe dann mal die Arero-Website angucken und schaue, ob meine Onleihe das Lieblingsfinanzbuch hat!
    Vielen Dank fürs Interview und weiter so!

    1. Dem kann ich nur zustimmen. Ich bin bei Frauen in Audioproduktionen immer erstmal skeptisch, alleine schon weil die Stimme manchmal unangenehm rüber kommt. Hier war es aber komplett anders und das Interview klanglich, persönlich und sachlich sehr positiv.

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