Nach dem ziemlich düsteren letzten Podcast wird die Stimmung in der Folge 53 doch um einiges heller. Diese Woche habe ich Stefan Erlich zu Gast, der vor vier Jahren das Vergleichs- und Testportal „Kritische Anleger“ gegründet hat. Seitdem sind die Besucherzahlen auf 3.500-4.500 Besucher am Tag angewachsen.
Inhalt
Überblick Kritische Anleger im Interview
Mit Stefan spreche ich innerhalb einer Stunde über eine breite Themenpalette: Von Tagesgeld über Crowdfundingoder Einlagensicherung und die richtige Bank bis hin zum digitalen Nomadentum ist alles dabei. Herausgekommen ist ein sehr hörenswertes Interview aus dem Juni 2016. Überzeug‘ Dich doch selbst.
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Erfahrungsberichte über Geldanlage, Zins und ETFs
Über Stefan Erlich:
- Stefan ist 33 Jahre alt, lebt in Frankfurt am Main und hegte immer schon eine gewisse Leidenschaft für Finanzen
- Er hat 2012 das Vergleichs- und Testportal „Kritische Anleger“ gegründet, das seitdem auf 3.500-4.500 Besucher am Tag gewachsen ist.
Deine Webseite heißt Kritische Anleger – Das Finanzportal für Deutschland. Was findet der Besucher bei dir?
- Es gibt drei Bereiche: die klassischen Vergleiche von Tagesgeld- und Festgeldtabellen sowie Crowdfundingvergleiche, dann Test- und Erfahrungsberichte und zum dritten Artikel zu allgemeinen Finanz- und Anlegethemen.
- Es gibt Erfahrungsberichte zu Girokonten von Banken oder der passenden Anlage von Geld.
- Das Anliegen ist, ehrlich und transparent zu berichten, auch über Angebote/Banken, die keine Provision bezahlen.
- Wir sind eines der wenigen Portale in Deutschland, die alle Anbieter im Tagesgeld- und Festgeldbereich listen.
- Zielgruppe: Der typische Nutzer ist 50+, Schwabe und hat ein 6-stelliges Vermögen („Zinsen sind nicht so wichtig, Hauptsache sicher“). Mit dem Crowdfunding-Vergleich ändert sich das vielleicht jetzt langsam.
- Es gibt ein Echtgeld-Crowdfunding-Portfolio, wo jeden Monat 1.000€ investiert werden, um die Anlageform für den Verbraucher zu testen und Praxiserfahrung zu sammeln.
Inwiefern bist Du selbst ein kritischer Anleger?
- Ich versuche, Angebote und Versprechen stets kritisch zu hinterfragen.
- Ich verlasse mich nicht auf nur eine Bank, sondern streue auch hier.
- Rendite-Versprechen, die auf historischen Renditen beruhen, sagen rein gar nichts über zukünftige Renditen aus, da heißt es Vorsicht walten zu lassen.
- Ich habe gelernt, dass die Psyche entscheidend für den Anlageerfolg ist. Deswegen sehe ich auch manche neuen Finanzblogs etwas kritisch, weil viele dieser Blogger noch nicht erlebt haben, was es bedeutet, 60% des Vermögens zu verlieren.
- Der allererste Schritt ist, sich zu überlegen, wie viel Vermögen man verlieren kann ohne die Nerven zu verlieren.
- Es gibt keine risikolose Anlage (auch Tages- und Festgeld nicht!), es gibt nur risikoreichere und weniger risikoreiche Anlageformen. Am Ende des Tages ist es immer eine Frage der Ausfallwahrscheinlichkeit und wie breit man gestreut hat.
In der letzten Podcast-Episode hatte ich ein Interview mit Marc Friedrich. Es ging um den Untergang des momentanen Systems. Siehst Du auch im Crash die Lösung?
- Ich persönlich mag den Titel nicht, und viele Aussagen sind nicht zu Ende gedacht, deswegen sehe ich viele Thesen etwas kritisch.
- Ist der Crash die Lösung? Ja, wenn man ihn nicht als ultimativen Systemzusammenbruch sieht, weil Crash im Sinne einer kreativen Zerstörung Teil eines guten kapitalistischen Wirtschaftssystems ist.
- Man sollte versuchen, möglichst kleine Crashs zu haben und nicht versuchen, die Crashs hinauszuzögern (was wir jetzt grade machen), um dann womöglich den ultimativen Crash zu erleben.
- Ob ein Crash jemals kommt, steht in den Sternen. Ich bezweifle es, ehrlich gesagt.
Reicht Gold als Absicherung? Du hast ja erst vor kurzem einen richtig guten Artikel über Gold veröffentlicht.
- Ich bin durchaus Befürworter von Gold, aber mit einer ausbalancierten Sichtweise. In einem angemessenen Anteil gehört Gold in physischer Form in jedes breit gestreute Portfolio,
- Gold ist kein Wunderkind, man muss Gold als Investment sehen, das eine gewisse Restwertgarantie liefert.
- Gold ist für mich keine gute Geldanlage, es wirft keine Rendite ab bzw. die Rendite ergibt sich rein aus der Preissteigerung.
- Historisch gesehen schützt Gold nicht immer vor Inflation, ist also kein guter Krisenschutz.
- Was man Gold zustehen muss, ist das Gold über die gesamte Menschheitshistorie immer einen Wert hatte.
Wie legst Du denn selbst an?
- Ich habe eine zeitlang in Einzelaktien investiert, mache aber nur noch ETFs.
- Ich investiere breit gestreut, Crowdfunding nimmt mittlerweile einen relativ großen Anteil ein.
- Beim Thema synthetische vs. physische ETFs würde ich persönlich immer auf physische gehen, einfach um reale Werte zu besitzen.
Reale Werte wie Mähdrescher?
- Mähdrescher sind ein interessanter Aspekt, da braucht man nur noch den Stauraum! Spaß beiseite, sehr interessantes Thema: produktives Investment vs. unproduktives Investment. Gold ist ein sehr unproduktives Investment, die Landwirtschaft ist ein produktives Investment.
Welche Ziele verfolgst Du in den kommenden Jahren mit Kritische Anleger?
- Wir wollen das Tages- und Festgeldthema beibehalten, unsere Sicherheitsanalysen kontinuierlich weiterentwickeln, und das Crowdfunding natürlich auch.
- Wir werden uns auch etwas in Richtung FinTech bewegen, P2P-Kredite und Robo-Advisor betrachten.
Lass uns doch nochmal über Dich selbst sprechen. Du bist ja häufig auf Reisen und fast schon ein digitaler Nomade. Was fasziniert Dich daran?
- Ich mag den Begriff „Digitaler Nomade“ nicht, ich würde mich als Unternehmer mit Reiseleidenschaft bezeichnen.
- Ich mag die Freiheit, mochte sie schon immer. Mein oberstes Gebot bei der Unternehmensentwicklung war deshalb immer, Modelle zu finden, die mir die Freiheit geben, über Zeit und Ort zu entscheiden.
In unserem Vorgespräch hast Du etwas sehr interessantes über digitale Nomaden gesagt: Sie ziehen das glückliche Leben, das viele während der Rente haben, vor, indem sie im Jetzt leben. Dafür reichen die Ersparnisse dann nicht im Alter. Worauf sollten sie achten, um beide Welten zu vereinen?
- Das ist eine Frage der Balance. Wir wollen heute glücklich sein, aber auch in 30-40 Jahren noch gut leben.
- Je nachdem wie man rechnet, kommt man auf Werte von 350.000 bis 700.000 Euro, die man für die Rente braucht, um bis zum Ende seines Lebens unabhängig vom Staat leben zu können. Dieser stattliche Betrag – monatlich 1.000 Euro aufwärts – muss vom Nettoeinkommen gespart werden, was sehr viele digitale Nomaden nicht aufbringen können.
- Wenn ein Geschäftsmodell das von vornherein nicht hergibt, dann muss man es hinterfragen. Das Geschäftsmodell sollte im besten Falle auch immer skalierbar sein.
Wordshuffle:
Melbourne – Auslandssemester!
Gründer-Angst – tief familiär verankert, hat mir einige schlaflose Nächte und Schweißausbrüche beschert, aber dann hieß es Jetzt oder Nie!
Business Angels – sinnvoll! Besser als Venture Capital, weil die Business Angels dir noch viel Erfahrung reinbringen.
Sachsen – da bin ich geboren. Ich mag Sachsen, ist ne superschöne Gegend.
Rockmusik – System of a Down
Glück – wichtig, sollte aber nicht das einzige Lebensziel sein – ich denke, Glück kann man sehr unterschiedlich definieren, Glück hat viel mit dem Moment zu tun und wenn man den Moment überbewertet, verliert man manchmal das Langfristige aus dem Blick. Glück ist ein Ziel im Leben, aber ein Ziel von vielen.
Zukunft – ist unbekannt!
Link Sammlung:
Echtgeld-Crowdfunding-Portfolio
Think beyond the obvious – Blog von Daniel Stelter
Die besten Finanzbücher lernst Du hier kennen
„Regelmäßiges Einkommen mit Hochdividenwerten“ – Interview mit Luis Pazos
Eine Antwort
Vielen Dank für diesen Artikel! Ich kannte weder die Seite, noch den sympathischen Mann dahinter…
Beste Grüße
Dominic