Der Buchtitel macht Lust auf mehr: „Wer braucht noch Banken?“ klingt einfach verdammt interessant. Auch der Untertitel „Wie Start-ups die Finanzwelt verändern und was uns das nutzt“ sorgt für Wasser auf den Mühlen eines Bloggers. Überhaupt liest sich das Buch von Professor Dr. Ralf Beck nicht wie eine wissenschaftliche Abhandlung, sondern lässt sich gut und einfach lesen. Das birgt jedoch auch Tücken.
Fintech überall. Es vergeht kaum eine Woche ohne Titelthema in einer Zeitschrift oder Sonderbeilage in einer Tageszeitung. Ich beschäftige mich ja auch viel mit den neuen Möglichkeiten im Banking, aber viele dieser Themen kommen einfach nicht beim Endkunden an. Hype oder nicht – kaum einer der Otto-Normal-Bürger sieht bisher einen konkreten Nutzen, sich mit diesen Themen auseinander zu setzen.
Mit einer provokanten Frage wie „Wer braucht noch Banken?“ sorgt Ralf Beck jedoch gleich für etwas mehr Aufmerksamkeit im Buchhandel. Denn diese Frage kommt immer häufiger auf. Erst beim Finanzbarcamp in Offenbach hatte ich eine lebhafte Diskussion darüber. Und ernsthaft: Die Rolle der Banken und das Bedürfnis nach ihnen wird immer diffuser. Skandale ohne Ende, völlig überteuerte Produkte und häufig auch ein schlechter Service haben sich in den Köpfen der Kunden festgesetzt.
Inhalt
Mit dem Finger in die Wunde
Viele dieser Punkte greift Ralf Beck in seinem Buch auf und bohrt mit dem Finger zielgenau in der Wunde. Und mit vielem, was er schreibt hat er auch völlig Recht. Aber es gibt auch Gegenbeispiele. An dieser Stelle muss ich wieder die Comdirect nennen. Diese Bank macht sich einfach Gedanken, wie es weitergehen könnte. Wie sie einen Kosmos aus Bloggern, Start-ups, zukunftsträchtiger Unternehmensführung und viel mehr zusammenführt und versucht, so zielgerichtet voranzukommen, ist schon eine Erwähnung wert. Hör Dir einfach meinen tollen Podcast mit Mariusz Bodek an und Du weißt, was ich meine. Doch zurück zum Buch.
Die Schwerpunkte Rechnungswesen und Controlling sind die Forschungs- und Lehrinhalte von Prof. Dr. Ralf Beck an der Fachhochschule Dortmund. Neben Unternehmensbewertung und Projektmanagement gehört auch das Thema Crowdfinance zu seinen Fachgebieten. Darüber hinaus ist er Geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatungsgesellschaft Beck & Stinn GmbH.
Das klingt jetzt zwar nicht nach lockerer Lektüre, aber ich war ziemlich überrascht wie locker Ralf Beck an das spannende Thema herangeht. Er schreibt sogar, dass er das Buch nach dem ersten Feedback entschärfen musste. Außerdem duzt er den Leser, was gleich komplett anders wirkt. Und von Anfang an macht er seine Sichtweise klar.
Damit macht er sich nicht nur Freunde. Wenn Du Dir mal die Bewertungen bei Amazon anschaust, gehen die Meinungen sehr stark auseinander. Ich bin jedoch der Meinung, dass genau dieses Kontra den Charme von „Wer braucht noch Banken?“ auszeichnet.
Kommen wir mal zum Inhalt. Nach einer kurzen Einleitung und Standortbestimmung geht Ralf Beck auf die Funktionen der Banken ein. Wie sind sie entstanden? Was sind ihre Aufgaben? Und was sind artfremde Leistungen von Banken? Darauf folgt ein ausführliches Kapitel zum Nutzen und Schaden der Banken.
Kernstück des Buches „Wer braucht noch Banken?“
Diese beiden Kapitel sind gemeinsam mit dem relativ kurzen Fazit in meinen Augen das Kernstück des Buches. Denn sie zeigen ganz klar auf, warum sich die großen Banken in den kommenden Jahren massiv ändern müssen, um nicht noch mehr an Boden und Image zu verlieren. Hier habe ich auch am meisten mitgenommen. Du wirst nach dem Lesen mit Sicherheit auch etwas mitnehmen können – auch wenn das Geschriebene sehr subjektiv gefärbt ist.
Es folgt noch ein relativ kurzes Kapitel über die Frage, wer hinter den Banken steht, bevor Beck dann auf das eigentliche Thema zu sprechen kommt: die Start-ups der Fintech-Szene. Und wenn ich ehrlich bin, war ich von dem Kapitel etwas enttäuscht.
Teilweise springt der Autor oft zwischen den verschiedenen Formen hin und her und das Kapitel ist einfach viel zu lang. Knappe 150 Seiten für diesen Teil waren in meinen Augen etwas zu umfassend. Die nachfolgenden Kapitel haben hingegen nur zehn Seiten. Hier hat für mich etwas die Relation gefehlt. Versteht mich nicht falsch: Auch der Teil bietet einiges an Mehrwert. Aber mir fiel es zeitweise echt schwer mit dem Buch vorwärts zu kommen.
Kleine Nachteile
Ein weiterer Nachteil: Auch wenn das Buch erst im Herbst erschienen ist, sind einige Teile schon wieder veraltet. Fertiggestellt hat Ralf Beck das Buch nämlich schon im April/Mai. Das liegt jedoch in der Natur der Sache, denn es vergeht kaum ein Monat ohne ein neues Fintech-Unternehmen. In dem Bereich dann stets aktuell zu bleiben, ist bei einem Buch unmöglich.
Beck hat viele Sachen selbst getestet: Crowdinvesting über Seedmatch, Peer2Peer-Kredite über Bondora, Auxmoney und Lendico sowie weitere Dinge. Eigentlich spricht er fast alle wesentlichen Sparten der Fintech-Szene an. Was ich nicht verstanden habe: Warum er Blackrock mit seinen iShares-ETFs als Social Banking bezeichnet. Blackrock ist alles, aber definitiv kein Social Banking. Blackrock ist der mächtigste Konzern der Welt und hält Anteile von vielen riesengroßen Unternehmen. Am Besten schaust Du Dir mal diese sehenswerte Doku an. Dann weißt Du was ich meine.
Insgesamt hat Beck in 177 Einzelprojekte investiert und sogar ein eigenes Crowdinvesting-Unternehmen gegründet, das er auch erwähnt. Du siehst: Er hat sich ausführlich mit der Materie beschäftigt und liefert interessante Einblicke in die Szene.
Fazit
„Es gibt die Ausweichmöglichkeiten und die Alternativen zu Banken. Zahlungen müssen nicht über Banken abgewickelt werden, Geldanlagen und Kredite nicht unbedingt über Kreditinstitute laufen. Es gibt PayPal, es gibt Seedmatch, Auxmoney, TransferWise und vieles mehr. Dort liegt aber die Zukunft, zumindest bei Finanzdienstleistern, die so oder so ähnlich sind wie die eben exemplarisch genannten frischen Akteure. Aber auch bei ihnen ist nicht alles gleich Gold, was glänzt.“
Prof. Dr. Ralf Beck in seinem Vorwort
Ja, Fintech ist ein Hype-Thema. Und nicht alles, was neu auf den Markt kommt, wird ein Erfolg und ist toll. Nein, genauer gesagt, sind auch viele kopierte Unternehmen dabei. Aber es ist die mit Abstand spannendste Branche, weil sich sehr viel bewegt und passiert. Immer wieder stelle ich mir die Frage, wie sich die Bankenwelt verändern wird.
Die gleiche Frage hat sich die Musikszene auch gestellt – und bisher keine Antwort darauf gefunden. Auch die Verlagsbranche steht vor einem gewaltigen Umbruch und auch noch keinen wirklichen Weg aus der Misere gefunden.
Die Banken werden sich definitiv verschlanken müssen. Sie sollten, aufhören sinnlos Geld zu verpulvern. Und sie müssen neue Wege finden, die Zukunft selbst mitzugestalten. Das machen gerade einige Banken, aber es ist keine der großen Häuser dabei.
Meiner Meinung nach liefert Professor Dr. Ralf Beck einige wirklich gute Denkanstöße mit seinem Buch – auch wenn mir der Fintech-Teil etwas zu schwammig war. Das Buch gibt einen schönen Überblick über den Status quo der Finanzwelt und versucht zu erläutern in welche Richtung, sich die Banken und Fintechs bewegen sollten. Eine endgültige Lösung kann er natürlich nicht geben, aber mir hat das Buch gut gefallen. Und hat mich zum Nachdenken angeregt.
Es ist aber kein Buch zum Thema „Alternative Geldanlage“, sondern nur ein Überblick. Und dafür eignet sich „Wer braucht noch Banken?: Wie Start-Ups die Finanzwelt verändern und was uns das nutzt*“ wirklich gut. Einen konkreten Nutzen kannst Du nur daraus ziehen, wenn Du die ganzen Plattformen und Unternehmen noch nicht kennst. Er berichtet beispielsweise auch über Tools zum Finanzmanagement, was für viele wichtige Helferlein sind. Und Du lernst noch mehr über das System Bank.
Meine persönliche Antwort auf die titelgebende Frage lautet: Es wäre wünschenswert, wenn sich Banken und Fintechs zusammentun und gemeinsam etwas für den Kundennutzen tun. Ein Beispiel sind die Kontoumzugs-Fintechs wie Fino Digital, die es dem Kunden enorm erleichtern vom teuren Girokonto hin zu einem günstigen zu wechseln – inklusive aller Daueraufträge und Eingangszahlungen. Bei Fino Digital ist es eine Kooperation zwischen dem Fintech-Unternehmen und der Comdirect. Gleiches gibt es aber auch bei der DKB und Number26. Da ist nämlich auch der eingangs erwähnte Nutzen da.
Banken werden gebraucht, aber nicht in der heutigen Form mit Provisionsabverkauf, überflüssigen Filialen an jeder Ecke und teuren Produkten. Am Mittwoch im Podcast greife ich dieses Thema nochmal auf, aber aus der Sicht der Kunden. Du kannst Dich auf ein sehr interessantes Interview freuen.
- Beck, Prof. Dr. Ralf (Autor)
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3 Antworten
Hallo Daniel!
Das Buch hört sich auf jeden Fall interessant an.
Es zeigt sich wieder mal, dass die New Economy sehr viele Branchen verändern wird. Das sollte man als Investor nicht unberücksichtigt lassen.
Was denkst du darüber, Daniel?
MFG Philipp
Werde das Buch definitiv auf meine Watchlist packen und hoffentlich auch zeitnah zum Lesen kommen. Prinzipiell bin ich deiner Meinung wenn es um FinTechs geht. Eine wahnsinnig interessante Branche und ich probiere auch gerne das ein oder andere aus. Es gibt immer wieder kleine FinTechs die ein interessantes Produkt haben das aber alleine fast nicht überlebensfähig ist und hoffentlich irgendwann einfach einen neuen Standard begründet. Erst vorgestern hatte ich es mit einem Kollegen darüber, wie klasse es wäre wenn es etwas wie MoneyBeam von Number26 bankenübergreifend gäbe. Ich finde es auch schön, dass FinTechs in Teilen für mehr Durchblick sorgen wollen. Sehr spannend finde ich dabei „Bonify“. Auch Kreditech geht ein wichtiges Thema an. Ich bleibe auf jeden Fall gespannt.
Ein sehr interessantes Thema!
Vor allem weil ich selbst bei der Bank arbeite und sehe wie immer mehr meiner Kollegen sich sorgen um ihren Job machen müssen…
Stichwort ist da ganz oben die Digitalisierung. Der Mensch an sich ist mit einem hohen Kostenfaktor verbunden und desto mehr die Arbeit in den „Retail“ Bereich rutscht kann sie irgendwann automatisiert verrichtet werden.
End to End Prozesse sind gewollt und End to End bedeutet dass da kein Mensch mehr zwischen geschaltet ist.
Gerade jetzt sollte man es aber als eine Art Möglichkeit sehen und versuchen nach vorne zu kommen!
Aber am Ende kann niemand von uns in die Zukunft blicken.