In dieser Folge spricht Daniel Korth mit Moritz Henkel, ETF Product Manager bei VanEck Europe. Moritz gibt einen tiefen Einblick in die Arbeit bei VanEck und erklärt, wie Themen-ETFs entstehen, warum sie höhere Risiken bergen als breit gestreute Fonds und welche Bedeutung das Pure-Play-Prinzip für VanEck hat. Er erläutert, warum der Defense-ETF von VanEck mehr ist als nur ein klassischer Rüstungsfonds und warum es wichtig ist, Themen-ETFs mit einer langfristigen Perspektive zu betrachten.
Inhalt
Überblick Interview Moritz Henkel
Anfang 2021 habe ich voller Zuversicht ein eigenes Themen-ETF-Portfolio gestartet. Der Grund: Ich war mit der bisherigen Struktur meines Depots unzufrieden und wollte gezielt Branchen beimischen, die bisher fehlten. Gleichzeitig hatte die Corona-Pandemie dazu geführt, dass einige Unternehmen in meinem Depot ihre Dividenden gestrichen hatten.
Hinzu kam, dass Themen-ETFs gerade 2020 einen echten Hype erlebt hatten – viele sind in kurzer Zeit stark gestiegen. Ein Beispiel dafür ist der Clean Energy-ETF, der damals um beeindruckende 120 Prozent zulegen konnte. Seitdem hat sich das Blatt allerdings gewendet: Mittlerweile ist dieser ETF mehr als 50 Prozent ins Minus gerutscht, weshalb ich ihn schließlich frustriert verkauft habe.
Dieses Beispiel verdeutlicht, wie riskant Investments in Themen-ETFs sein können, wenn man nicht ausreichend streut. Denn ein Themen-ETF ist immer konzentriert auf wenige Unternehmen, die teilweise auch übergewichtet sind. Es zeigt auch, wie stark der Erfolg eines solchen ETFs von der Zusammensetzung des zugrundeliegenden Index abhängt – vor allem bei sehr spezialisierten Märkten wie beispielsweise Semiconductors.
Insgesamt war mein Themen-ETF-Portfolio kein großer Erfolg und hat die Erwartungen leider nicht erfüllt. Einen genaueren Einblick dazu gebe ich am Ende dieser Podcast-Folge. Da erkläre ich auch, warum es die kleinen Details sind, auf die man achten sollte.
Es gibt aber auch positive Ausnahmen: Einige Themen-ETFs in meinem Portfolio haben sich sehr gut entwickelt. Interessanterweise stammen drei der fünf Top-ETFs von VanEck, einem internationalen Vermögensverwalter. Schaut man sich diese ETFs näher an, fällt auf, dass sie sich in ihrer Zusammensetzung von anderen Anbietern unterscheiden. Welche Unterschiede das genau sind und welche weiteren Faktoren hier eine Rolle spielen, möchte ich gemeinsam mit meinem Gast heute etwas genauer beleuchten. Ich habe heute Moritz Henkel zu Gast. Er arbeitet als ETF Product Manager bei VanEck Europe und wird uns spannende Einblicke geben.
Wir sprechen über die Zusammensetzung von Themen-ETFs, die damit verbundenen Risiken und warum es sich dabei manchmal sehr überraschende Unternehmen auftauchent. Außerdem geht es um Dividenden-ETFs, die Vor- und Nachteile gleichgewichteter Indizes und das immer wieder diskutierte Thema Nachhaltigkeit.
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Zusammenfassung des Interviews
Wie sieht denn dein Arbeitsalltag als ETF-Product Manager bei VanEck aus? Wie kannst du dir das vorstellen?
Ich bin verantwortlich für das Management unserer europäischen ETFs. Das bedeutet, dass ich mich hauptsächlich mit der Produktentwicklung neuer ETFs beschäftige, was ein sehr spannender Bereich ist. Dabei analysiere ich kontinuierlich die Entwicklungen an den Aktien- und Anleihenmärkten sowie den ETF-Markt in Europa.
Ein wichtiger Teil meiner Arbeit besteht darin, eng mit Indexanbietern zusammenzuarbeiten, denn unsere ETFs sind passive Produkte. Das heißt, sie bilden einen Index ab, und wenn einmal die Indexregeln bei der Produktentwicklung definiert sind, wird der ETF entsprechend diesen Regeln gehandelt. Es gibt keine aktiven Entscheidungen im Portfolio-Management danach. Aus diesem Grund ist die Produkt- und Indexentwicklung für uns sehr wichtig.
Ich selbst war vier Jahre in der Indexentwicklung tätig, was mir hilft, die Sichtweise der Indexanbieter besser zu verstehen. Neben der Entwicklung neuer ETFs bin ich auch Ansprechpartner für unsere bestehenden ETFs. Das heißt, wenn Kunden oder Journalisten Fragen zu unseren Produkten haben, stehe ich zur Verfügung, halte Vorträge auf Veranstaltungen wie dem Fondskongress oder der Investmesse und schreibe Research-Berichte zu aktuellen Themen.
Außerdem bin ich technischer Ansprechpartner, da ETFs datengetriebene Produkte sind, und ich viel Kommunikation mit Börsen und Datenanbietern habe. Mein Arbeitsalltag ist also sehr abwechslungsreich und definitiv nicht langweilig.
Arbeitet ihr bei VanEck mit nur einem Indexanbieter zusammen oder mit mehreren? Wie läuft das?
Das ist bei uns sehr variabel. Es gibt keine Regulierung, die vorschreibt, mit welchen Indexanbietern wir zusammenarbeiten müssen. Wir arbeiten mit mehreren Anbietern, nicht nur mit einem. Zum Beispiel basieren viele unserer Themen-ETFs auf Indizes von Market Vector, unsere gleichgewichteten Indizes kommen von Selective Indices, und wir nutzen auch noch andere Anbieter für verschiedene ETFs, wie zum Beispiel unseren bekannten Morningstar Dividenden-ETF.
Die Zusammenarbeit mit den Indexanbietern ist sehr eng und vielfältig. Manchmal bringen wir eine Idee ein und diskutieren mit den Anbietern, wie diese umgesetzt werden kann. Manchmal kommen die Indexanbieter auch mit eigenen Konzepten auf uns zu, vor allem weil sie Experten in verschiedenen Bereichen sind. Diese Ideen werden dann gemeinsam über mehrere Iterationen weiterentwickelt, um sicherzustellen, dass sie unseren Anforderungen an einen ETF entsprechen.
Was zeichnet VanEck als Vermögensverwalter aus? Was ist eure Besonderheit?
VanEck ist ein seit 70 Jahren familiengeführtes Unternehmen. Unser CEO Jan VanEck hat das Unternehmen von seinem Vater übernommen. Dadurch haben wir eine langfristige Perspektive für unsere Kunden und sind oft bereit, Dinge auszuprobieren, die andere vielleicht noch nicht wagen. In Europa verwalten wir einen Großteil unseres Vermögens in thematischen und Rohstoff-ETFs – wir sind also eher Spezialanbieter.
Ursprünglich kommen wir aus Amerika mit Sitz in New York und haben dort auch thematische und Rohstofffonds, basierend auf unserem Goldfonds. In Europa sind wir besonders durch unsere Themen-ETFs bekannt geworden. Wir versuchen immer innovativ zu sein und Strategien zu entwickeln, die andere so nicht anbieten. Wir sind oft da, wo andere sich noch nicht so richtig reintrauen – das wollen wir den Investoren als Mehrwert bieten.
Viele Themen-ETFs werden kritisiert, weil sie erst aufgelegt werden, wenn der zugrunde liegende Trend oder das Thema schon einen Boom erlebt hat. Wie siehst du diese Kritik?
Das ist eine sehr wichtige Frage. Themen-ETFs können eine tolle Ergänzung zu einem gut diversifizierten Kernportfolio sein. Aber man muss ganz klar sagen: Investoren sollten sich vor einer Investitionsentscheidung gründlich informieren und nicht nur aufgrund einer Schlagzeile investieren. Das gilt für Einzelaktien genauso wie für breit gestreute Welt-ETFs und natürlich auch für Themen-ETFs. Man muss sich mit der Zusammensetzung des ETF beschäftigen, den zugrunde liegenden Index verstehen und sich Gedanken machen über die langfristigen Trends und Industrieprognosen.
Wenn wir als Anbieter einen ETF auflegen, wählen wir das Thema sorgfältig aus und konzentrieren uns auf Bereiche, die wir tatsächlich für langfristig relevant halten. Für uns ist es wichtig, dass ein Thema proaktiv und langfristig angelegt ist und nicht reaktiv aufgrund vergangener Performance gestartet wird. Bei uns waren zum Beispiel Gaming, Verteidigung, Halbleiter oder Nuklearenergie Themen, bei denen sich viele noch nicht getraut haben, bevor der große Hype losging. Wir glauben daran, dass es wichtig ist, früh dabei zu sein und langfristig an ein Thema zu glauben.
Was muss man sich bewusst machen in Bezug auf das Risiko bei Themen-ETFs?
Das Risiko bei Themen-ETFs ist deutlich höher als bei breit gestreuten Indizes wie dem MSCI World oder FTSE Euro World. Das liegt daran, dass Themen-ETFs viel weniger Unternehmen enthalten und damit eine stärkere Sektorkonzentration haben. Diese Risiken müssen Investoren klar verstehen und berücksichtigen. Aufgrund der Konstruktion hat ein Themen-ETF typischerweise eine starke Ausrichtung auf ein bestimmtes Thema oder einen bestimmten Sektor – das heißt, das Risiko ist höher als bei einem breit gestreuten ETF.
Gibt es bei euch spezielle Kriterien zur Auswahl der Unternehmen in euren Themen-ETFs? Nach welchen Kriterien stellt ihr die ETFs zusammen?
Ja, bei uns ist das Pure-Play-Prinzip sehr wichtig. Das bedeutet, dass wir nur Unternehmen aufnehmen, die mindestens 50 % ihres Umsatzes aus dem jeweiligen Thema generieren. So investieren wir primär in Unternehmen, die wirklich stark mit dem Thema assoziiert sind und eine quantitative Bedeutung darin haben. Ein gutes Beispiel ist unser Gaming-ETF: Microsoft hat zwar Xbox und Gaming-Studios, macht aber insgesamt sehr viel Umsatz in anderen Bereichen – deshalb ist Microsoft bei uns nicht im Gaming-ETF enthalten. Das unterscheidet uns auch von anderen Anbietern, die oft große Tech-Unternehmen wie Nvidia oder Amazon in ihren Technologie-ETFs haben, obwohl diese Unternehmen nur einen kleinen Anteil ihres Umsatzes im jeweiligen Thema haben.
Der VanEck Defense ETF enthält neben klassischen Rüstungsunternehmen auch IT-Firmen wie Palantir oder Leidos. Wie passt das zu eurem Pureplay-Prinzip?
Die Verteidigungsindustrie hat sich stark gewandelt und umfasst heute nicht mehr nur klassische Rüstungsunternehmen. Konflikte finden längst auch im Cyber- oder IT-Bereich statt – über Kommunikationsnetzwerke oder Energieversorgungssysteme zum Beispiel. Regierungen müssen eine umfassende Verteidigungsstrategie verfolgen und verlassen sich nicht mehr allein auf klassische Rüstungskonzerne oder Geheimdienste. Deswegen gehören IT-Unternehmen dazu, sofern sie mindestens 50 % ihres Umsatzes aus Verteidigungsgeschäften generieren. Palantir ist so ein Beispiel.
Was macht für dich einen gut diversifizierten Themen-ETF aus? Geht es um die Anzahl der Unternehmen oder auch um die Gewichtung?
Ein guter Themen-ETF sollte mindestens 20 bis 30 Unternehmen enthalten, um das Risiko einigermaßen zu streuen – es soll ja kein Einzelinvestment sein. Gleichzeitig darf man aber die Investmentidee des Themas nicht durch zu viel Diversifikation verwässern. Wenn man zu viele Unternehmen aufnimmt, die nur schwach zum Thema passen, verliert man den Fokus des ETFs.
Zum Beispiel haben wir in unserem Gaming-ETF 25 Pureplay-Unternehmen. Wenn wir jetzt Microsoft als 26. Unternehmen aufnehmen würden – was aufgrund seiner Marktkapitalisierung stark gewichtet wäre – müsste man dann auch über Sony oder Nvidia nachdenken, die ebenfalls nur teilweise im Gaming-Bereich tätig sind. Da stellt sich die Frage: Was bringt das eigentlich? Daher muss man sorgfältig abwägen zwischen Diversifikation und thematischem Fokus.
Im Defense ETF sind nur 28 Positionen enthalten und die Top Ten machen fast 67 % aus – warum nehmt ihr da nicht mehr Positionen auf?
Das liegt zum einen daran, dass wir ESG-Kriterien anwenden: Firmen mit kontroversen Aktivitäten werden ausgeschlossen, was die Zahl der möglichen Pureplay-Unternehmen reduziert. Zum anderen spiegelt das auch die Realität wider: Einige Sektoren oder Themen werden von wenigen dominanten Firmen geprägt. Eine pauschale Obergrenze für die Gewichtung der größten Unternehmen gibt es nicht; oft dominieren wenige große Akteure den Markt innerhalb eines Themas.
Habt ihr Kappungsgrenzen für Einzeltitel innerhalb eurer Themen-ETFs? Wie sorgt ihr für Diversifikation?
Ja, wir setzen Kappungsgrenzen meist zwischen 8 und 10 Prozent pro Aktie fest. In Ausnahmefällen kann das auch mal etwas höher sein (12–15 %), aber das ist selten. Ziel ist es immer, dass keine einzelne Aktie den Fonds zu stark dominiert. Besonders in Branchen wie der Halbleiterindustrie gibt es viele relevante Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette; hier macht es wenig Sinn, einzelne Aktien stark zu gewichten.
Wie oft werden eure Indizes angepasst? Findet das regelmäßig statt?
Das variiert je nach Indexanbieter und Indextyp. Üblich ist bei unseren ETFs eine quartalsweise Neubewertung mit Selektion neuer Unternehmen sowie Neugewichtung bestehender Positionen.
Der VanEck Video Gaming & eSports ETF hat seit Auflage eine Rendite von über 220 %. Wie kam es damals zur Idee für diesen ETF?
Gaming war unser erster Themen-ETF in Europa und entstand aus der Beobachtung heraus: Menschen haben Spaß am Videospielen – also könnte es auch Spaß machen dort zu investieren. Die Branche hat schon eine lange Geschichte hinter sich; Digitales Gaming hat gerade bei jüngeren Generationen stark zugenommen durch Mobile Gaming und Online-Kommunikation über Spieleplattformen. Die Covid-Pandemie hat dann den Hype verstärkt – obwohl wir den Zeitpunkt nicht vorausgesehen haben –, was dem ETF zusätzliche Aufmerksamkeit gebracht hat. Auch wenn es danach kurzfristig Rückschläge gab, beobachten wir seit Mitte 2023 ein Comeback und steigende Profitabilität vieler Unternehmen durch Kosteneinsparungen zum Beispiel im Bereich Künstliche Intelligenz.
Warum sind im Gaming ETF Unternehmen wie AppLovin vertreten? Wen kennen viele Anleger wahrscheinlich gar nicht?
AppLovin ist ein gutes Beispiel für den Trend hin zu Mobile Gaming und Online-Games. Sie bieten Werbeplattformen und Tools für App-Entwickler an und besitzen selbst über 200 Mobile Games. In den vergangenen Jahren hat AppLovin einen großen Teil seines Umsatzes aus Mobile Gaming generiert – deshalb passt es zum Thema Gaming.
GameStop hat im ETF etwa 5 % Gewichtung – wirtschaftlich läuft das Geschäft eher schlecht durch Streaming-Trends; warum ist GameStop trotzdem so stark vertreten?
Wir haben uns in der Indexentwicklung entschieden, sowohl Gaming-Software als auch Hardware-Unternehmen aufzunehmen – zu letzterem gehört auch der Einzelhandel rund um Spielekonsolen wie GameStop früher aktiv war. Die Gewichtung ergibt sich aus der Marktkapitalisierung; GameStop ist aktuell relevant genug nach dieser Regelung im Marktwert und deshalb Teil des ETFs geworden ohne dass wir als Fondsmanager aktiv eingreifen.
Warum sollten Dividenden deiner Meinung nach eine größere Rolle in Anlegerdepots spielen?
Dividenden vermitteln Sicherheit und Stabilität durch regelmäßige Ausschüttungen an Investoren als Ertrag aus dem Investment. Sie können ein Zeichen dafür sein, dass ein Unternehmen stabile Gewinne erwirtschaftet hat – oder einfach eine Möglichkeit für das Management darstellen, Kapital an Aktionäre zurückzugeben, wenn keine besseren Reinvestitionsmöglichkeiten vorliegen. Historisch betrachtet machen Dividenden rund 40 % der Gesamtrendite des S&P 500 seit 1930 aus; in Zeiten hoher Inflation war ihr Beitrag sogar noch größer. Deshalb können Dividenden gerade in bewegteren Zeiten helfen, Anlageziele besser zu erreichen.
Spielt Dividendenzahlung auch in euren Themen-ETFs eine Rolle? Oder eher weniger?
In frühen Phasen von Industrien oder Themen sind Dividenden normalerweise gering bis nicht vorhanden, weil junge Wachstumsunternehmen ihre Gewinne reinvestieren wollen anstatt auszuschütten – deshalb sind Dividendenstrategien bei unseren Themen-ETFs eher nicht relevant. Investoren mit hohem Wachstumsexposure sollten gegebenenfalls ergänzend dividendenstärkere Investments in Erwägung ziehen.
DerVanEck Morningstar Developed Markets Dividend Leaders ETF hat beispielsweise einen hohen Europa-Anteil von 60 %, während USA nur ca. 24 % ausmachen – warum ist das so?
Das liegt an zwei Hauptfaktoren: Zum einen zahlen europäische Unternehmen oft höhere Dividenden als amerikanische Firmen – besonders Banken, Versicherungen oder Automobilhersteller in Europa schütten mehr aus als US-Firmen derselben Branchen. Zum anderen spielt auch die Bewertung eine Rolle: Amerikanische Aktien sind häufig höher bewertet (gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis), was die Dividendenrendite relativ verringert. Zudem tendieren europäische Investoren dazu, Dividenden stärker wertzuschätzen als Rückkäufe von Aktien wie häufig in den USA.
Habt ihr Nachhaltigkeitsrichtlinien (ESG) in diesem Dividenden-ETF integriert? Ich vermisse beispielsweise große Tabakkonzerne darin…
Ja, ESG-Richtlinien spielen eine Rolle und bestimmte kontroverse Branchen wie Tabak werden ausgeschlossen. Nachhaltigkeit wird bei uns individuell je nach ETF berücksichtigt.
Ist Nachhaltigkeit generell ein übergeordnetes Thema bei VanEck für alle ETFs?
Ja, Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Bestandteil unserer Unternehmenskultur und fließt bei vielen Produkten ein – aber immer selektiv passend zum jeweiligen Thema des ETFs. Wir achten darauf transparent zu kommunizieren, was genau Nachhaltigkeit in jedem Produkt bedeutet und empfehlen Anlegern immer genau zu prüfen, welche ESG-Kriterien angewandt werden.
Wie entwickelt sich das Thema Nachhaltigkeit in den USA im Vergleich zu Europa? Gibt es Unterschiede?
Europa nimmt hier klar eine Vorreiterrolle ein mit strengeren Regulierungen und mehr Transparenz bei Nachhaltigkeitsthemen im Investmentbereich. In den USA rückt dieses Thema teilweise politisch stärker in den Hintergrund. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, mit gutem Beispiel voranzugehen und Nachhaltigkeitsprinzipien im Investmentbereich weiter zu stärken.
Was sind die Vorteile von gleichgewichteten Indizes wie eurem FANEC World Equal Weight Screened ETF?
Gleichgewichtete Indizes verteilen das Gewicht auf alle enthaltenen Titel gleichmäßig – beispielsweise hat jeder Titel in einem 250-Unternehmen-Index etwa 0,4 % Gewichtung unabhängig von Marktkapitalisierung. Dadurch wird die Konzentration auf wenige große Unternehmen verringert und kleinere Unternehmen erhalten mehr Gewichtung. Das erhöht Diversifikation und ermöglicht Investoren Zugang zum sogenannten Small-Cap-Effekt – also der Beobachtung, dass kleinere Firmen langfristig häufig besser performen können.
Welche Nachteile gibt es bei gleichgewichteten Indizes?
In starken Bullenmärkten laufen oft große Konzerne besser über längere Zeiträume; außerdem sind kleinere Unternehmen meist volatiler als große Blue Chips – dadurch kann die Volatilität insgesamt höher sein.
Wie erfolgt bei eurem gleichgewichteten Welt-ETF die regionale Verteilung der Unternehmen? Warum liegt der USA-Anteil „nur“ bei ca. 39 %?
Wir teilen die Welt in drei Regionen: Nordamerika (USA & Kanada), Europa sowie Asien inklusive Australien auf. Jede Region darf maximal 40 % des Index ausmachen – das sorgt für geografische Diversifikation neben der Gleichgewichtung der einzelnen Titel. Diese Entscheidung wurde schon vor mehr als zehn Jahren getroffen beim Auflegen des Index.
Wie schneidet euer gleichgewichteter Welt-ETF im Vergleich zum MSCI World ab? Warum ist die Performance etwas geringer?
Der ETF enthält aufgrund seiner Gleichgewichtung weniger große Tech-Giganten an oberster Stelle als der MSCI World – diese haben oft enorme Gewichtungen im MSCI World und treiben dessen Performance hoch. Außerdem wenden wir ESG-Filter an, wodurch einige Top-Titel ausgeschlossen werden können oder niedriger gewichtet sind. Insgesamt führt das dazu, dass unser ETF etwas defensiver aber breiter gestreut ist.
Wie legst du persönlich dein Geld an? Bist du eher passiver Anleger oder investierst du auch aktiv in Einzelaktien?
Ich bin hauptsächlich passiver Investor und investiere vor allem in ETFs – ich habe zwar auch ein paar Einzelaktien im Portfolio, bleibe aber vorsichtig dabei.
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