Die Cum-Ex-Files: Betrüger werden reich auf deine Kosten – Oliver Schröm im Gespräch

Das Thema Cum-Ex ist immer noch sehr aktuell. Wir wollten genauer wissen, um was es da geht, wer die Akteure sind und wer das Ganze mit aufgedeckt hat.

Dafür haben wir den Investigativ-Journalisten Oliver Schröm eingeladen. Sein Buch „Die Cum-Ex-Files“ wurde vergangenes Jahr mit dem Journalistenpreis 2021 ausgezeichnet. Herausgekommen sind 75 spannende Minuten, die nachwirken und das Thema genau beleuchten.

Oliver Schröm Die Cum Ex Files

Interview mit Oliver Schröm

Oliver Schröm Die Cum Ex Files Buchcover

Könnt ihr nicht mal was über Cum-Ex machen wurden wir immer wieder gefragt. Unsere Antwort: Na ja, da können wir auch nur das Zeug aus dem Internet zusammengooglen.

Jetzt aber können wir dir Oliver Schröm präsentieren.

Sein Buch „Die Cum-Ex-Files“ hat den den Journalistenpreis 2021 gewonnen und ist top aktuell. Die dritte Auflage, auf die wir uns beziehen kam im Januar 2022 heraus. Aktueller geht es wirklich nicht. Umfang 350 Seiten, spannend zu lesen.

Untertitel: Der Raubzug der Banker, Anwälte und Superreichen – und wie ich ihnen auf die Spur kam.

Und genau darum soll es in diesem Podcast gehen: Was sind CumEx-Files eigentlich und wie sind Journalisten und Staatsanwaltschaft auf dieses Treiben aufmerksam geworden?

Wer ist Oliver Schröm?

Oliver Schröm startete seine Karriere als Volontär bei der Heidenheimer Zeitung und begeisterte sich schon früh für investigativen Journalismus. Er gründete das Investigativ-Team beim Wochenmagazin Stern 2010 und arbeitet seit mehreren Jahren für das NDR-Magazin Panorama. 2018 war er Mitgründer der Bürgerbewegung Finanzwende

In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Christoph Spengel von der Universität Mannheim, Correctiv und Panorama wurde die Summe von 150 Milliarden als Steuerschaden ermittelt. Damit ist es der größte Steuerraub der Geschichte. Auch der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz ist als Bürgermeister von Hamburg involviert gewesen.

Was sind Cum-Ex-Geschäfte?

Cum-Ex-Deals sind Aktiendeals, bei denen der Staat mehrfach eine Abgeltungssteuer gezahlt hat.

Das funktionierte mit Aktienpaketen, die mit (Cum-Dividende) und ohne (Ex-Dividende) Dividendenanspruch gehandelt wurden. In mehreren Bundesländern konnte wiederholt Abgeltungssteuer geltend gemacht werden und das Bundeszentralamt für Steuern wusste am Ende nicht mehr, wer wirklich Anspruch hatte und wer nicht.

Weitere Themen der Podcast-Folge?

  • Was ist cum und was ist ex?
  • Wie funktioniert die Masche technisch?
    • Cum ex
    • Cum Cum, gibt’s das auch?
    • Und Ex ex?
    • Was ist cum und was ist ex?
  •  Wieso kann das überhaupt funktionieren? Heutzutage wird doch alles digital erfasst und im Rahmen der Amtshilfe weitergeleitet. Das Finanzamt weiß alles. Wie kann es da überhaupt Cum Ex geben?
    a. Der Broker ist der Quellensteuer-Büttel des Finanzamts
    b. Meine Krankenversicherung meldet meine Krankenkassenbeiträge
    c. Renten-/Riesterrenten werden im Rahmen das Alterseinkünftegesetzes gemeldet
    d. Lohnersatzleistungen: Die Träger von Sozialleistungen, wie die Bundesagentur für Arbeit, die Elterngeldstellen und die Berufsgenossenschaften übermitteln Daten über Höhe und Dauer der gewährten Lohnersatzleistungen.
  • Welche Schadenssumme? Wie wurde die Beute aufgeteilt? Bekamen die Superreichen wirklich viel Geld oder war es nicht doch so, wie bei uns Kleinanlegern: Die Sparkasse behält das Meiste, der Kunde kriegt die Krümel? Auch wenn hier Krümel = 10 Millionen Euro.

Weiße-Kragen-Kriminalität ist kein Job für Bruce Willis. Sie ist langweilig, unspektakulär und besteht oft aus Aktenstudium. Wie sind Sie aufmerksam geworden und warum haben Sie dieses langweilige Zeug nicht ad acta gelegt? Was hat Sie motiviert dran zu bleiben?

Zeitschiene Cum-Ex-Files

Ab wann ging es los mit dem größten Steuerskandal der deutschen Geschichte?

Die Beteiligten I

Banker, Anwälte, Superreiche
– Ab wann ist man denn ein Cum-Ex-Superreicher? Ab 10 Millionen, 100 Millionen, 1.000 Millionen? Was muss man da so investieren, wie kommt man rein in den Club?
– Kennt man einige von den Superreichen?
– Wie viele Beteiligte sind es überhaupt? Dutzende, Hunderte, Tausende?
– Welche Banken waren nicht beteiligt? Das dürfte die kürzere Liste sein.
– Wie ticken diese Menschen? Einzeln und als Gruppe. Banker und Anwälte brauchen die Reichen, sonst verdienen sie nichts und die Reichen brauchen das Fachpersonal. Beide Gruppen bedingen sich.
– Was motiviert diese Menschen? Wieso machen die das?
– Wie sehen solche Menschen die Gesellschaft?

Die Beteiligten II

Finanzamt, Steuerfahndung, Staatsanwalt, Politik.
Eigentlich ist es nur der Kölner Staatsanwältin Anne Brorhilker zu verdanken, dass da überhaupt etwas passiert ist. Das Finanzamt hatte keinen Bock (die Steuerfahndung in Hamburg hat jedenfalls keine Lust Warburg auf die Finger zu klopfen), die Staatsanwälte haben es nicht verstanden und die Politik hatte dazu nichts zu sagen.

Drei Theorien: Zu faul, zu dumm, zu korrupt. Wie üblich wird es eine Mischung sein. Welche Prozentzahlen würden Sie an jedes der drei Adjektive schreiben?
Warum kam da so wenig? Die Banker & Reichen sind einfach solide Kriminelle. Da kann man nichts machen. Aber auf jedem Medizindöschen und jeder Spüliflasche steht „Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen.“ Einem experimentierfreudigen Dreijährigen muss man Grenzen setzen und genau das muss der Staat auch mit Kriminellen tun.
Ist ja ok, wenn Finanzamt und Staatsanwalt am Anfang nichts kapieren. Aber sie müssen sich dann einarbeiten. Warum hatte das nie Prio?

Persönliche Meinung: Die Untätigkeit der mit Steuerzahlergeld bezahlen Menschen ist moralisch verwerflicher, als der Diebstahl von Steuerzahlergeld.

„Die waren schon gut vernetzt. Das ist ein Merkmal von Organisierter Kriminalität – die Einflussnahme auf Medien, auf Wirtschaft und auf Justiz, entweder über Einschüchterung oder über faktische Einflussnahme.“ Das sei nicht unbedingt immer sichtbar. „Und das macht es eben auch so gefährlich – die Unterwanderung.“
Anne Brorhilker

Wenn es um organisierte Gewaltkriminalität (Drogen, Waffen Menschen) geht, ist der Staat doch auch nicht zurückhaltend.

Die Bewertung

Waren das wirklich Kriminelle? Oder einfach nur Leute, die das Steuerrecht kreativ ausgelegt haben?
Und als dann die Milliarden in die falsche Richtung flossen, haben die Menschen, die Steuergesetze so mies konstruiert haben geschrien: „Haltet den Dieb!“. Gegen „die Reichen“ zu sein ist per se moralisch wertvoll.
Wäre das alles überhaupt möglich gewesen, wenn das deutsche Steuerrecht etwas weniger byzantinisch wäre?

Der aktuelle Stand

Wurde denn überhaupt schon jemand verurteilt? So wie ich informiert bin, wurde in den USA kein Banker im Zusammenhang mit der Subprime-Krise verurteilt. Wenn die Dimensionen groß genug sind, reicht es ja meist zu einem Freispruch. Und die Cum-Ex-Dimensionen scheinen mir sehr groß zu sein.

Die Zukunft

Wir haben jetzt einen Bundeskanzler und einen Ministerpräsidenten (da Hamburg ein Stadtstaat ist, ist es „nur“ ein Erster Bürgermeister) gegen die Strafanzeige wegen Cum Ex gestellt wurde. Ein normaler Bürger, gegen den solche Vorwürfe erhoben werden darf doch noch nicht mal Schriftführer im Karnickelzüchterverein werden.
Ist die Hydra jetzt tot, oder wachsen ihr gerade wieder neue Köpfe? National & international?

Medienempfehlungen unseres Gastes

Links zum Thema

Dr. Gerhard Schick über die Bürgerbewegung Finanzwende und mehr.

Dr. Gerhard Schick ist mittlerweile Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende und setzt sich für eine nachhaltige Finanzwirtschaft ein.

Das Buch unseres Gastes

Die Cum-Ex-Files: Der Raubzug der Banker, Anwälte und Superreichen – und wie ich ihnen auf die Spur kam*

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3 Antworten

  1. Ich höre mal wieder rein und bekomme wieder Interesse an Finanzblogs. Depot ist bei ca. 450000 €. Mach doch mal ein Interview mit Aron Israel. Er will der reichste Mann auf dem Friedhof sein: https://www.youtube.com/watch?v=Kr2Ya2sheRw
    (Sagt er wirklich.) Ich finde ich recht unterhaltsam und irgendwie gibt es keine Verknüpfungspunkte zu den anderen Finanzbloggern.

    1. Hi Couponschneider,

      freut mich mal wieder von Dir zu hören. Dein Depot ist ja ordentlich angewachsen. Herzlichen Glückwunsch!

      Aaron Israel ist mit Sicherheit ein spannender Interviewpartner. Der steht auch seit Jahren auf meiner Liste, aber bisher hat es noch nicht gepasst. Die Headline ist auf jeden Fall schon mal der Knaller. 🙂

      Viele Grüße
      Daniel

  2. Hallo Daniel,

    interessante Folge. Ich dachte ja, Cum-Ex, das ist eine Sache der Vergangenheit. Daß es da aktuell immer noch weitere Geschäfte gibt, habe ich nicht gewußt. Auch die weite Verbreitung des Phänomens. Mir war bisher nur bekannt, daß es da nur um eine Hand voll Prominente ging.

    Wo ich allerdings anderer Meinung bin als euer Gast ist die klare Einordnung des Phänomens als Gaunerei. Ich meine, daß erst Gerichtsurteile klären mußten, ob Cum-Ex eine Gesetzeslücke ist, oder halt illegal. Warum sich euer Gast hier so sicher ist, hat er leider nicht begründet. Wobei es hier um die Zeitpunkt vor den Gerichtsurteilen ankommt. Klar, hinterher haben es dann alle immer schon gewußt.

    Oft habe ich in dem Zusammenhang gehört, daß es ja klar sei, daß man eine Steuer nicht zurückfordern könne, die man vorher nicht gezahlt habe. Diese nur auf den ersten Blick einleuchtende Erklärung setzt aber voraus, daß das Steuersystem zumindest im Wesentlichen logisch aufgebaut ist und fair.

    Und sorry, über den Punkt bin ich einfach hinaus. Es gibt hunderte Beispiele, wo wo das Steuersystem unlogisch oder unfair ist. Oder kann mir jemand hier erklären, warum …

    … die Umstellung der gesetzlichen Rente auf nachgelagerte Besteuerung keine verfassungsrechtlich verbotene Doppelbesteuerung darstellt?
    … die Vergabe des ermäßigten Umsatzsteuersatzes logisch ist?
    … Bankdienstleistungen von der Umsatzsteuer befreit sind?
    … Verluste aus Derivaten bis maximal 20000 Euro im Jahr anrechenbar sind, Gewinne aber unbeschränkt?
    … die kalte Progression bei der Einkommenssteuer fair ist?
    … die betriebliche Altersvorsorge doppelt mit Krankenkassenbeitrag belastet wird?

    Wenn man aber bei so vielen Beispielen im Steuerrecht sagen muß: So ist es halt, aber logisch ist das nicht. Dann kann man auf der Basis von Logik und Fairness nicht Cum-Ex verurteilen.

    Und bei Cum-Cum sehe ich das noch weniger. Warum genau ist es fair, daß Inländer eine Quellensteuer anrechnen können, Ausländer aber nicht? Und warum sollte es illegal sein, wenn Ausländer ihre Aktien für ein paar Tage an Inländer verkaufen, damit diese die Steuergutschrift nutzen können?

    Ich denke, wir sehen hier einen Kampf der Politik und der privaten Wirtschaft um Geld. Und in diesem Kampf nehmen sich beide Seiten nicht viel. Beide Seiten kämpfen mit harten Bandagen. Die Sichtweise, daß die staatlichen Behörden unschuldig und „nur“ überfordert sind, scheint mir sehr blauäugig. Daß Herr Scholz zum Kanzlerkandidaten gemacht wurde und er es dann auch noch geworden ist (für die „Arbeiterpartei“ SPD), demonstriert doch eindrücklich die Mitverantwortung der Politik.

    Aus Kleinanlegersicht ist das bittere, daß für die „großen“ de facto ein anderes (Steuer-) Recht gilt, als für die „kleinen“. Einfach weil man wegen der Komplexität auf clevere Beratung angewiesen ist. Die kostet so viel Geld, daß es sich erst ab einer gewissen Ticketgröße lohnt. Wer die aber hat, der bekommt etwas, was es sonst nur im Märchen gibt: Satte Rendite bei null Risiko. Auf Kosten derer, die das Geld entweder mit eigener Arbeit, oder eigenem Risiko erwirtschaftet haben.

    Ob mehr Technik und Überwachung das Problem wirklich lösen werden? Fairer wird es glaube ich erst, wenn das Steuerrecht einfacher wird.

    Der Verfassungsrechtler Professor Paul Kirchhoff trat im Bundestagswahlkampf 2005 an für ein stark vereinfachtes Steuerrecht und hat später einen Entwurf dazu veröffentlicht. Der verstaubt jetzt im Bücherregal, weil auch die Politik kein einfaches verständliches Steuersystem will. Kann man an einem komplizierten System doch viel mehr tarnen, täuschen oder Aktivität simulieren (7% Umsatzsteuer für Tampons, großer Sieg für den Feminismus), als an einem einfachen Steuersystem.

    Tja, wenn wir kein faires Steuerrecht bekommen, dann vielleicht wenigstens einen Cum-Ex ETF? Wie wär’s iShares, Vanguard oder Lyxor? Oder vielleicht ein Crowdfunding Projekt? Ich wäre jedenfalls dabei. Wer weiß, vielleicht bewegt sich dann auch die Politik?

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