„Diversifikation als Schutzschild vor Blasen und Tech-Risiken im ETF-Portfolio“ – Interview mit Markus Weis

Der ETF-Markt verändert sich aktuell schneller denn je: Innovative Produkte, sinkende Gebühren und neue Trends bestimmen das Geschehen. Welche Chancen und Herausforderungen entstehen für Anleger? Wie wirken sich aktuelle Entwicklungen auf die Auswahl und den langfristigen Erfolg von ETFs aus? Im Interview mit Markus Weis von SPDR werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Veränderungen und liefern praxisnahe Einblicke, worauf es im dynamischen Umfeld der Indexfonds heute wirklich ankommt.

Überblick Interview mit Markus Weis

Die Welt der ETFs erlebt derzeit eine Zeit des Wandels – selten war die Branche so vielseitig, dynamisch und umkämpft wie heute. Die Gebühren sinken spürbar, der Wettbewerb unter den Anbietern nimmt stetig zu und immer mehr Menschen in Deutschland setzen für ihre Altersvorsorge auf Sparpläne und Indexfonds.

Gleichzeitig verändern regulatorische Neuerungen, geopolitische Unsicherheiten sowie technologische Trends wie Digitalisierung und künstliche Intelligenz das Gesicht des ETF-Marktes in rasantem Tempo.

Doch es bleiben auch Herausforderungen: Immer wieder steht die hohe Gewichtung von US-Aktien in den großen Indizes im Mittelpunkt der Diskussionen, und das Thema „Blasenbildung“ sorgt regelmäßig für Schlagzeilen – besonders beim Thema KI. Hinzu kommt, dass viele Privatanleger noch immer unsicher sind, wie sie sich im breiten Angebot zurechtfinden und sinnvoll diversifizieren können.

State Street mit der Marke SPDR steht als einer der größten ETF-Anbieter weltweit im Zentrum dieser Entwicklungen. Das Unternehmen verwaltet mittlerweile über eine Billion US-Dollar allein in ETFs und hat mit spürbaren Gebührensenkungen und innovativen Produkten Maßstäbe gesetzt. Als Managing Director für Deutschland und Österreich fokussiert sich Markus Weis darauf, gerade die Themen Innovation, Transparenz und Kostenorientierung weiter voranzutreiben.

Mit ihm spreche ich heute genau über diese Veränderungen am Markt, die Herausforderungen für Privatanleger und die konkreten Schritte, die State Street unternimmt, um Innovation und Einfachheit aufs nächste Level zu heben. 

Markus war bereits 2022 zu Gast – seitdem hat sich jedoch eine Menge getan. Wir werfen gemeinsam einen Blick auf die jüngsten Entwicklungen, diskutieren die anhaltende Dominanz der US- und Technologiewerte in den Indizes und ordnen ein, was das für Anleger in der Praxis bedeutet.

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Zusammenfassung des Interviews

Wie hat sich deine Rolle und die Marke State Street in den letzten Jahren verändert?

Ich bin seit Juli Managing Director und Head of SPDR ETFs Germany & Austria. Vor kurzem gab es ein Rebranding von State Street Global Advisors zu State Street Investment Management, um die engere Verzahnung mit der Muttergesellschaft, der State Street Bank, nach außen und innen zu zeigen. Das neue Erscheinungsbild signalisiert, dass wir als eine Einheit auftreten — Depotbank und Asset Management stärker vernetzt. Organisatorisch arbeiten wir enger mit institutionellen Kunden zusammen.

Parallel haben wir bei den SPDR‑ETFs Gebühren deutlich gesenkt (z. B. S&P‑500‑ETF auf 0,03% TER; ACWI IMI von 0,40% auf 0,17%) und treiben die Retail‑Strategie voran: Kooperationen mit Online‑Brokern, wo wir z. T. Handelskosten übernehmen, um die Handelskosten für Privatanleger zu reduzieren.

Außerdem wollen wir Innovation wieder stärker ins Zentrum rücken — ETFs wurden ursprünglich nach dem Crash 1987 geschaffen, und Innovation ist ein Kernbestandteil unserer Geschichte.

Wie beurteilst du die Innovationsdynamik in der ETF‑Branche und das Thema aktive ETFs?

Die Branche ist sehr innovativ und extrem kompetitiv. Viele Anbieter tracken ähnliche Indizes, was den Wettbewerb und damit die Gebühren senkt — gut für Investoren. Innovation zeigt sich in Themen‑, Faktor‑ und Krypto‑Produkten sowie in aktiven ETFs.

Früher war ich strikter Passiv‑Befürworter, inzwischen sehe ich bei quantitativen, faktorbasierten aktiven ETFs Potenzial: Wenn sie auf robuste, wissenschaftlich gestützte Modelle setzen, nur geringe Abweichungen vom Index eingehen und kostengünstig sind (z. B. 0,2–0,3%), dann können sie als Beimischung echten Mehrwert stiften — aber eher nicht als Core‑Baustein.

Wie beurteilst du Dividenden‑ETFs und die Dynamik ihrer Zusammensetzung?

Es kommt auf das Dividendenkonzept an. Pure‑Yield‑Strategien, die nur auf aktuelle oder prognostizierte hohe Ausschüttungen setzen, können sich schnell verändern und damit das Risiko erhöhen. Konzepte wie „Dividenden‑Aristokraten“, die langfristig stabile oder steigende Dividendenzahler über 10–20 Jahre auswählen, sind deutlich konstanter.

Wer Dividenden‑ETFs nutzt, sollte ihr Verhalten im Gesamtportfolio betrachten: Dividenden‑ETFs neigen zu Sektor‑ und Länder‑Tilts (weniger Tech, mehr traditionelle Zahler). Sie sind eine sinnvolle Ergänzung, aber nicht der alleinige Kern.

Besteht Blasengefahr in großen Indizes wie S&P 500 oder MSCI World?

Blasen vorherzusagen funktioniert nicht zuverlässig. Bewertungskennzahlen können höher als historisch sein, aber das kann gerechtfertigt sein, wenn Unternehmen hohe Renditen auf eingesetztes Kapital (ROE) und starkes Wachstum liefern. Technologieunternehmen etwa rechtfertigen oft höhere Bewertungen durch überdurchschnittliche Margen und Wachstum.

Blasen gab es immer (z. B. .com-Blase), die Lehre ist, breit zu diversifizieren. Markt‑Timing ist keine sinnvolle Strategie; stattdessen regelmäßig investieren und breit streuen.

Für wirklich breite Diversifikation empfehle ich ACWI IMI (All Country World Investable Market), da hier Large, Mid, Small Caps und Emerging Markets enthalten sind — die Top‑10‑Gewichtung ist dort niedriger als z. B. im S&P 500.

Wie bewertest du die hohe US‑/Tech‑Gewichtung in vielen globalen Indizes?

USA und Tech haben in den letzten Jahren hohe Performance geliefert, weil dort viele Geschäftsmodelle extrem hohe Margen und schwer kopierbare Vorteile entwickelt haben.

Diese Unternehmen verdienen massiv Geld und erzielen oft globalen Umsatz — Umsatzgewichtung im ACWI IMI ergibt z. B. ~44% USA statt 62% nach Market Cap. Europa spielt in vielen zukunftsrelevanten Techfeldern derzeit eine untergeordnete Rolle, weshalb der US‑Fokus nachvollziehbar ist. Eine starke Untergewichtung der USA hat viele Investoren historisch Performance gekostet.

Ist die gestiegene Verschuldung (z. B. Margin Debt in den USA) gefährlich für die Märkte?

Man muss Verschuldung gesamthaft betrachten (Privathaushalte, Unternehmen, Staat). Der aktuelle Margin Debt (über 1 Bio. USD) klingt groß, relativiert sich aber im Vergleich zur gesamten Market Cap. In Relation ist das kein Alarmsignal, das allein eine Marktkrise auslöst. Volkswirtschaftlich sind hohe Verschuldungsstände aber eine Herausforderung — nicht nur in den USA.

Verstärken ETFs Blasen oder sind ETFs eine Gefahr für Marktstabilität?

Die Aussage, ETFs würden Blasen befeuern, ist falsch. ETFs sind aus der Idee entstanden, Marktbewertung und Preisfindung zu verbessern (Antwort auf Preisbildungsprobleme in Futures 1987). ETFs sind physisch hinterlegt (bei physischen Produkten) und liefern zusätzliche Liquidität und Preisbildung, insbesondere auch in Märkten mit schwächeren Preisfindungsmechanismen (z. B. Anleihen).

ETFs spiegeln nur Nachfrage und Angebot wider. Die eigentliche Treiberin von Übertreibungen ist Anlegerpsychologie (Gier, Angst), nicht das Produkt ETF. Andere Instrumente (Futures, Optionen, Hebelprodukte) können oft größere spekulative Effekte haben.

Welche Rolle spielen Anleihen bzw. kurzlaufende Anleihen heute?

Market Timing funktioniert nicht; „time in the market“ ist wichtiger. Kurzlaufende Anleihen haben eine klare Daseinsberechtigung: Sie reduzieren Duration‑Risiko und sind stabiler bei Zinsanstiegen.

Nach den starken Zinsanstiegen der letzten Jahre bin ich offener für Short‑Duration‑Anleihen als resiliente Safety‑Komponente, insbesondere für Anleger, die Vermögen bereits angesammelt haben und Schwankungen reduzieren wollen.

Für langfristig junge Anleger bleibt Aktien‑Exposure zentral, aber im Rebalancing und bei Lebensphasenwechseln machen kurzlaufende Anleihen viel Sinn.

Sind Dividenden‑ETFs für den Ruhestand geeignet?

Sie können eine Rolle spielen, insbesondere wenn man regelmäßige Ausschüttungen wünscht. Wichtig ist, das Gesamtportfolio zu betrachten: Dividenden‑ETFs liefern oft hohe Ausschüttungen, aber bringen Tilts (Sektor/Land). Deshalb sind sie als Ergänzung sinnvoll, nicht unbedingt als alleiniger Kern. Total‑Market‑Produkte als Core und Dividenden‑ETFs als Satellite sind ein vernünftiger Ansatz.

Welche Produktinnovationen habt ihr vorgestellt bzw. geplant?

Wir bringen wieder mehr Innovation: in den nächsten sechs Monaten planen wir mehrere neue ETFs. Ein Beispiel, das ich besonders spannend finde, ist ein „Quality – Free Cashflow Aristocrats“‑Konzept. Wir haben Quality‑Ansätze weiterentwickelt, indem wir Free Cashflow als zentrale, schwer manipulierbare Kennzahl nutzen (Filter: langfristig positiver Free Cashflow, operative Free‑Cashflow‑Marge, Return on Invested Capital).

Unser Ziel: robuste Quality‑Selektion, die weniger buchhaltungstechnisch manipulierbar ist als reine Earnings‑Kennzahlen. Die Indexauswahl: die 100 besten Titel nach diesen Kriterien. Erste Ergebnisse zeigen in Seitwärts‑/Abwärtsphasen geringere Drawdowns und in Aufwärtsphasen attraktive Performance; in den USA bereits Institutionals mit AUM. Es gibt zwei regionale Varianten (US/global) mit jeweils ~100 Titel.

Was rätst du jungen Anlegern 2025?

Einfach starten: Sparpläne sind ein sehr gutes Instrument — regelmäßiges Investieren nutzt den Cost‑Average‑Effekt. Langfristigkeit ist entscheidend; tägliche Nachrichten sollten nicht die Strategie bestimmen. Diversifikation (breit über Regionen, Marktkapitalisierungen) ist zentral; je breiter, desto geringer das Einzeltitelsrisiko.

Kosten sind wichtig: ETFs ermöglichen kosteneffiziente, breite Allokation. Junge Anleger sollten nicht aus Furcht vor hohen Bewertungen gar nicht investieren — verpasste Renditephasen kosten langfristig oft deutlich mehr.

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