Die Depots der Mächtigen – El Dinero 19

Wer heute schon weiß, welche Gesetze und Verordnungen er morgen erläßt, braucht viel Integrität, um nicht doch noch schnell einen kleinen Trade aufzusetzen. Wir haben uns mal umgeschaut, wie hoch die Brandmauern zwischen Politik und Parkett sind.

Depots der Mächtigen

Überblick Depots Politiker

Wie Nassim Nicholas Taleb schon schrieb: Skin in the game ist wichtig. Schon die alten Römer wussten: Wenn die Brücke gut werden soll, muss dem Baumeister klar sein, dass er nach der Fertigstellung mit seiner Familie für einige Zeit unter der Brücke schlafen wird.

Ein Olaf Scholz, der es sich sich leisten kann, sein Geld auf dem Girokonto liegen zu lassen, ist sicher zu wenig Skin in the Game. Aber ab wann wird aus Skin in the Game ein Euphemismus für Insiderhandel?

Dieser Frage gehen wir in unserer neuen Podcastfolge nach.

Insiderhandel-Skandale in den USA

Aufhänger: Im Jahr 2020 gab es einen Insiderhandel-Skandal bei der amerikanischen Notenbank FED. Der ehemalige FED-Vize Richard Clarida hatte im Februar 2020 sein Wertpapierdepot von Anleihen auf Aktien umgeschichtet.

Offenbar geschah dies einen Tag vor einer wichtigen Ankündigung von Fed-Chef Jerome Powell. Dieser warnte damals vor Risiken durch das Coronavirus und versprach eine Reaktion der Fed, falls dies notwendig werden sollte. Zwar wurde er davon freigesprochen, er trat aber im Januar 2022 zwei Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit zurück – ohne die umstrittenen Handelsaktivitäten zu erwähnen.

Jetzt im Sommer gab es eine große Diskussion um Nancy Pelosi, der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses. Sie verkaufte nämlich anderthalb Wochen vor einer Gewinnwarnung von NVDIA, dem großen Hersteller von Grafikprozessoren, alle ihre 25.000 Aktien für 4,1 Millionen Dollar.

Wobei genau genommen nicht Frau Pelosi verkauft hat, sondern Herr Pelosi. Aber wer nach 60 Jahren Ehe die Signale der besten Ehefrau von allen nicht zu deuten weiß, ist eh verloren.

Geldanlage bei der EZB

Im zweiten Teil des Podcasts überqueren wir den Atlantik und analysieren, was die EZB-Granden so treiben.

Die müssen im Rahmen des „Code of Conduct“ der EZB ihre Depots offenlegen.
Ohne zu viel zu verraten: In einem Coaching hätten wir keines dieser Depots durchgehen lassen. Viel zu viel Home Bias.

Der Malteser investiert in maltesische Anleihen, der Niederländer kauft einen Fonds von der ABM Amro, der Deutsche xtrackers DAX und der Spanier einen mickrigen Mischfonds, der nur auf spanischsprachigen Websites angeboten wird.

Sind das alles Patrioten bis ins Mark? Da sitzen sie in der EZB, aber sie investieren wie Opa Klawuttke aus Oer-Erkenschwick. Menschen, die in Positionen sitzen mit denen sie täglich mit internationaler Klientel zusammen kommen, agieren in ihrer Geldanlage vollkommen provinziell.

Dann: Die grausame Unprofessionalität der Depots. Von „nichts“ bis Wundertüte ist alles dabei. Von einem breit diversifizierten, lückenlosen, überschneidungsfreien Weltdepot hat da noch keiner was gehört.

Was die Fondskosten angeht scheinen manche zu denken: „Ich nehm‘ nix unter 1,8 %, sonst denken die Leute womöglich ich könnte mir das nicht leisten.“

Alles in allem: Die EZB-Depots sehen so aus, als ob sie ein vertriebsgesteuerter Sparkassenmitarbeiter zusammengestellt hat.

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2 Antworten

  1. Schön, dass sich mal einer diese Depots angeschaut hat. Einer muss ja. Nur so besonders bemerkenswert finde ich das alles nicht, insbesondere Alberts Darstellung finde ich heillos übertrieben.

    Wenn ich damit rechnen müsste, dass die Öffentlichkeit mein Depot auseinandernimmt, würde ich einfache politische Fettnäpfchen auch vermeiden wollen. Als Deutscher hätte ich im Zweifel auch einen DAX-Fonds mit kleiner Gewichtung drin (und keinen eines anderen Landes). Und das unabhängig davon, was ich persönlich davon halte.

    Wäre das anders, würde unweigerlich – bei öffentlich oder bei geschäftlichen Gesprächen – die Frage aufkommen, ob ich nicht mehr an die heimische Wirtschaft glaubte oder der Meinung sei, die Franzosen oder Holländer könnten es besser. Gleiches gilt für das als scherzhaft bezeichnete „Frauendepot“.

    Und wenn ich beim Erwerb eines Aktienfonds die Wahl habe zwischen einem inländischen Anbieter, der die wesentlichen Veröffentlichungen in meiner Sprache anbietet und einem ausländischen, dann entscheide ich mich ceteris paribus auch für den inländischen.

  2. Danke fuer die Folge, Daniel & Co.

    zum „Albert-Grillen“ in der Folge:

    Die alte Leier von der „aktienaehnlichen Rendite“ vom Hedgefonds-Anteil (50%) im Democratic Alpha Vermoegensverwaltungsanteil wurde hier kritisch in den Kommentaren diskutiert: https://www.finwohl.de/2021/08/27/krisenalpha

    Albert wurde ja (zu Recht) die Kommentar-Moderation beim Finanzwesir.com zu viel Arbeit?
    Danke, dass wir bei Andree unterschlupfen konnten 😉

    LG Joerg

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