Warum Du das Herdenverhalten meiden solltest (+Podcast)

In meiner neuen Podcast-Folge spreche ich diese Woche über das Herdenverhalten an der Börse und warum Du es meiden solltest. Außerdem spreche ich über die aktuelle Situation an der Börse. Und Du lernst meinen Pendelalltag kennen. Der rockt nicht so wirklich!

Herdenverhalten meiden Schafherde

Überblick Herdenverhalten meiden

Kennst Du das Gefühl: Es ist eine Woche vor Weihnachten und Dir fällt wieder ein, dass Dir noch alle Geschenke fehlen? Ach, kein Ding, denkst Du Dir. Das bekomme ich noch gewuppt. Schnell mal in den Bus gehüpft und ab dafür. Vielleicht kommt ja noch ein Glühwein dabei rum.

Dann steigst Du in der Innenstadt aus dem Bus und stellst mit Entsetzen fest: Verdammt, alle Einwohner der Stadt haben ebenfalls vergessen, rechtzeitig Geschenke zu kaufen und jetzt hilflos durch die Straßen hetzen. Dazu kommen dann noch die ganzen Touristen, die langsam durch die Gassen schlendern und ihren Aufenthalt genießen. Und natürlich die völlig verplanten Menschen, denen am Ende der Rolltreppe entfallen ist, wo sie eigentlich hinwollten. Sie bleiben stehen und verursachen einen menschlichen Auffahrunfall. Fürchterlich! Und jedes Jahr das gleiche.

Opa Egon und die Mutti

Doch halt:  Es gibt auch Beispiele, die täglich ablaufen. Abseits der Weihnachtszeit. Jeden einzelnen Tag – und die Menschen lernen nicht daraus. Der Alltag eines Pendlers ist nervig und das Fahren mit der deutschen Bahn immer wieder eine Katastrophe. Ausfallende oder verspätete Züge, weniger Waggons und überall genervte Menschen.

Täglich fahre ich mit den Schulkindern Richtung Bahnhof. Täglich ruft der Busfahrer: „Gehen Sie bitte nach hinten durch.“ Das wird einen Tag später aber wieder vergessen. Sie stehen wieder mitten im Gang und die Leute kommen nicht mehr in den Bus rein. Auch die Rentner sind immer der Meinung, dass sie genau diesen eh schon vollen Bus nehmen müssen, um beim Discounter ihre Pfandflaschen abgeben zu können.

Opa Egon zum Beispiel. Der ist ein Griesgram vor dem Herrn. Mit seinem Rollator stapft er mindestens einmal die Woche in den Bus, grunzt die Kiddies an und setzt sich mit Merkel-Miene (Mundwinkel nach unten) in den Mittelbereich. Vor Angst (oder auch vor Opa Egons strengem Geruch) sind alle Kinder rechtzeitig nach hinten durchgegangen. Hier wirkt die Pawlowsche Konditionierung.

Mittlerweile versuche ich immer einen anderen Bus und einen späteren Zug zu nehmen – auch wenn ich dann eine halbe Stunde Später erst in Hamburg bin.

Zelten in der Bahn

Ich hetze zur Bahn, bekomme sie gerade so und stelle fest: Boah ey, alle Menschen sind schon wieder in der Mitte eingestiegen. Kein Zweisitzer mehr frei. Ab nach hinten, wo Du fast ein Zelt aufbauen kannst, weil alles frei ist.

Schnell 1-2 Podcasts durch die Ohren gepustet und dann durch den wie immer völlig überfüllten Südsteg am Hamburger Hauptbahnhof. Unten an der U-Bahn angekommen mein Lieblingsbild. Die U-Bahn fährt morgens alle 3 Minuten – und alle versuchen sich in eine U-Bahn zu quetschen. Ich komme mir immer wieder vor wie bei Walking Dead. Nur Zombies, die nicht nachdenken, sind unterwegs. Deswegen denke ich kurz nach und entscheide mich, die eine Minute auf die nächste Bahn zu warten.

Auf der Rückfahrt am Abend das gleiche Bild. Am Bahnsteig wird so gedrängelt, dass die Menschen aus dem Zug gar nicht aussteigen können. In der Mitte des Zuges ist es am schlimmsten. Geht man nach hinten findet man sogar noch einen freien Zweisitzer.

Wenn jeder immer das macht, was alle machen, kommt die Unzufriedenheit ganz automatisch. Denkt man hingegen etwas nach und geht einen etwas anderen Weg, kann man sich entspannt hinsetzen und sich anderen Dingen widmen als dem Ärger. Denn die Lemminge laufen sich auch immer gegenseitig hinterher und stürzen in den Abgrund.

So, wie bekomme ich jetzt wieder die Kurve zu den Finanzen? Ganz einfach: Dieses geschilderte Herdenverhalten gibt es jeden Tag, jeden Monat und jedes Jahr auch an der Börse zu begutachten.

Hilfe, es crasht

Die Kurse fallen drei Tage hintereinander und alle schreiben: Crash! Die Lemminge verkaufen wie wild ihre Aktien, ETFs und Fonds. Angst und Panik allerorten! Die Medien schreiben, die Welt geht unter und Chinas Wirtschaft ist am Ende. Hilfe, meine Altersvorsorge geht flöten?

Zwei Monate später. Die Kurse steigen mehrere Tage hintereinander um einige Prozent. Die Medien schreiben: Der Rekord ist in Sicht! Alle rein in die Aktien. So billig war es noch nie. Die Lemminge beißen sich auf die Lippe, die Hände zittern und warten. Eine Woche, zwei Wochen und plötzlich stürzen sie sich wieder auf die Aktien.

Hier ist das Herdenverhalten richtig schädlich, nicht nur nervig. Du solltest immer im Hinterkopf behalten, dass sich negative Meldungen besser verkaufen als positive. Die Menschen reagieren auch immer darauf.

Im September habe ich bei YouTube ein Video genau zu diesem Thema veröffentlicht und erzählt, warum Investmentpornographie so schädlich für Dein Vermögen ist. Jetzt im Januar gab es einen neuen Beweis dafür. Das Boulevardblatt für Anleger namens „Der Aktionär“ titelte in großen Lettern: „Raus aus den Aktien? Schwacher Start ins neue Jahr. Wie sie jetzt handeln müssen“ Mit dem düsteren Cover bei dem der Bär dem Bullen auf den Schädel haut, bekommt der Leser gleich große Angst – und kauft das Heft. Merke: hier ist der Trigger Angst.

Eine Woche später titelt dasselbe Magazin: „Jetzt zugreifen! Nach dem brutalen Absturz – auf diese Top-Aktien sollten sie jetzt setzen.“ Hoioioi. Rotes Cover mit einem grünen Pfeil nach oben. Die Gier is back. Und was macht der geneigte Anleger? Er kauft sich das Heft, in der Hoffnung den ultimativen Börsentipp zu erhalten.

An dieser Stelle geht mein Dank an den Finanzautor Markus Rieksmeier, der mich auf das Foto der beiden Titel bei Twitter hingewiesen hat. Was lernen wir daraus? Wir lassen uns viel zu leicht manipulieren.

Herdenverhalten: Zu leicht manipulieren

Ich möchte jetzt nicht auf die ganzen Verschwörungstheorien eingehen, die gerade rund um die Medien erstellt werden – wie beispielsweise die politische Berichterstattung bei den öffentlich-rechtlichen.  Aber ich möchte Dich dazu ermuntern, nicht alles blind zu glauben, was irgendwo geschrieben steht oder gesagt wird. Eine gesunde Portion Zweifel sollte immer mitschwingen. Und wenn Dir etwas unklar ist, recherchier doch mal selbst, was dahinter steckt.

Denn wenn ein Börsenmagazin den ultimativen Tipp anpreist, solltest Du gleich hellhörig werden. Den gibt es nicht. Und vor dem Kauf solltest Du die Kennzahlen selbst prüfen. Kurs-Gewinn-Verhältnis, Eigenkapitalrendite, Gewinn pro Aktie etc.

Vielleicht erinnerst Du Dich noch an die glorreichen 90er Jahre als das Computerspiel Lemmings rauskam. Hier musste der Spieler die Tierchen davor retten, immer in den Tod zu springen. Das heißt einem Lemming wurde eine bestimmte Aufgabe zugewiesen. Entweder stoppte er die anderen, grub einen alternativen Weg oder baute eine Brücke. Und dieses Lemmingverhalten findet sich eben an der Börse auch – mit dem Unterschied, dass die Lemminge über einen Umweg in den Tod stürzen.

Jetzt ist der DAX zeitweise unter 9.000 Punkte gerutscht. Das Medienecho war gewaltig. Selbst die BILD brachte diese Neuigkeit im Ticker. Und in den Kommentaren waren dann Aussagen zu finden wie: Ich kaufe von dem Geld lieber Sachen, um meine Wohnung zu verschönern, als es an der Börse zu verlieren. Yeah!

Wichtig ist: Lass‘ Dich nicht verrückt machen und diversifiziere Dein Vermögen. Mein Vermögen ist diversifiziert und fällt im Falle einer Korrektur nicht so stark.

Hier kannst Du den Verlauf meines Depots seit dem 28.12. sehen. Alles Weitere erzähle ich im Podcast. Eine Anmerkung: Im Podcast erzähle ich, dass der Verbraucherpreisindex bei 1 steht. Gemeint ist aber -1.

Manchmal ist es ganz gut, einen Schritt zurück zu treten und auf den nächsten Zug zu warten.

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12 Antworten

  1. Danke für den Artikel! Du sprichst mir aus der Seele! Erst gestern wieder im Bus erlebt: Alle steigen sie ein und bleiben im Eingang stehen. Hinten noch sooo viel Platz…

    Hingegen deiner Erfahrung das die Menschen in die Mitte der U-Bahn einsteigen, habe ich bisher die Erfahrungen gemacht, dass die meisten Menschen vorne oder hinten einsteigen, da man dort ja noch mal eben schnell in den Zug springen kann. Oder aber die Menschen schlicht zu faul sind in die weite Mitte zu gehen….

    Zu den Finanzen: Auch ich bin der Meinung, man muss dann investieren wenn die Medien sagen, es crasht und man sollte verkaufen. Andersrum sollte man verkaufen (sofern man das denn möchte) wenn gesagt wird, jetzt bloß schnell kaufen! 🙂

      1. Ich hab da noch mal eine andere Frage; warum eigentlich nicht Souncloud als Podcastanbieter? Dafür gibts auch Apps und am PC ist der dann auch hörbar. Finde ich deutlich besser (und bekannter).

        Und: Ein besseres Mikrofon wäre sicher eine gute Investition, damit deine bzw. eure Stimmen nicht so furchtbar blechern klingen. 😉

        1. Gute Fragen, Gurki. Soundcloud hat eine ganz schicke Oberfläche und lässt sich überall gut einbinden, aber es kostet Geld und muss gesondert gefüllt werden. Über Stitcher und Podcast.de gibt es das kostenlos. Und ca. 90 Prozent aller Hörer nutzen es mobil über iTunes, Overcast etc. Da brauche ich nicht noch zusätzlich Soundcloud.

          Was den blechernen Sound angeht: Der kommt nicht direkt durch die Mikros, sondern über das Angleichen der Tonspuren. Ich habe leider noch keine Lösung dafür gefunden und zu wenig Zeit, um mich in Ruhe darum zu kümmern. Aber ich habe ja ein anderes Mikro, mit dem ich die Folge 40 in meinem selbstgebastelten Tonstudio aufgenommen habe. Damit ist der Sound nun wesentlich besser. Als ich das aber beim Interview ausprobiert habe, hatte ich auf einmal eine Mickey Maus-Stimme.

          Mit der Technik kann man sich leider stundenlang auseinandersetzen ohne ein konkretes Ergebnis zu bekommen. Ich bin dran, aber es dauert ein wenig länger.

          Viele Grüße
          Daniel

  2. Hey Daniel,

    die Börse verläuft zufällig, aber leider glauben immernoch viele Leute, dass sie wissen, wohin es gehen wird – aka Prognosen. Naja, und wenn einer laut schreit und es wissen muss, weil er „Experte“ ist, dann folgen (leider) die dummen Schafe – ein weit verbreitetes Phänomen und das nicht nur an der Börse. Aber steckt leider zu sehr in unseren Genen drin, weshalb das auch in der Zukunft so bleiben wird.

    Gewinnen werden auch in Zukunft nur die an der Börse, die ihrer (rationalen) Strategie treu bleiben.
    Ich würde deshalb zu deinem Artikel noch ergänzen: diversifizieren (und so Risiken minimieren – ab Besten mit ETFs) und Buy-and-hold betreiben, das einzige Wahre, da es simpel und ultra effektiv ist – auch wenn mal ein Sack Reis in China umfällt und in den Medien der Untergang vorhergesagt wird. 😉

    Gruß
    Thomas

  3. Hallo Daniel,

    mich würde interessieren, wann du deine Werte verkaufst. Besonders am Beispiel Adidas. Sie sind ja mittlerweile dreistellig und du dürfest mit der Rendite zufrieden sein. Aber wann verkauft man als Value oder Buy and hold Anleger einzelne Aktienwerte? Ganz nach dem Motto ,,günstig Kaufen und teuer verkaufen“?

    Vielen Dank

    1. Hallo Norman,

      sehr interessante Frage. Das Beispiel Adidas eignet sich auch sehr gut dafür. Mein Anspruch an diese Aktie ist ja der, dass ich von der Aktie auch künftig profitiere.

      Die Branche (Nike, Under armour, Adidas) rennt zur Zeit wie Speedy Gonzalez, neue Sponsorenverträge wurden geschlossen (1 Mrd. Euro Sponsoring bei Manchester United) und mit Kasper Rorsted kommt 2017 ein neuer Mann zu Adidas, der als vorzüglicher Sanierer/Gewinnmaximierer gilt. Dazu kommt noch die EM in Frankreich und eine steigende Dividende.

      Die Zukunftsaussichten für Adidas sind also sehr gut, was sich auf den Börsenkurs auswirkt. Meine Gewinne sind mittlerweile vierstellig. Warum sollte ich diesen Wert in den kommenden zwei Jahren verkaufen? Auch die Kennzahlen werden wieder deutlich besser. Wenn sich jetzt etwas gravierendes ändert, mache ich eine neue Bestandsaufnahme und prüfe die Kennzahlen. Wenn ich dann nicht überzeugt bin, verkaufe ich. Denn am Ende geht es doch um das Geldverdienen. Krebsen die Werte immer um den gleichen Kurs herum und es kommt keine Entwicklung, verkaufe ich.

      So habe ich das beispielsweise jetzt bei Borussia Dortmund gemacht, die ich fast genauso lange halte wie Adidas. Kapitalerhöhung, Dividendensenkung und eine schwache Wertentwicklung haben mich nicht mehr überzeugt. Deshalb habe ich sie nach langem Abwarten verkauft – auch wenn ich den Verein als Wirtschaftsunternehmen schätze und der Wert der Mannschaft den Börsenwert übersteigt. Stattdessen setze ich auf einen etablierten Dividendenwert mit stetig steigender Rendite.

      Bevor das jetzt ausartet, sende ich lieber viele Grüße.

      Daniel

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